Typisch eineiige Zwillinge: Sie sehen gleich aus, haben den gleichen Beruf und kommen nicht voneinander los. Peter und Walter Keiser sind unzertrennlich, obwohl sie geografisch weit auseinander leben: Walter Keiser im glarnerischen Mitlödi, sein Bruder Peter im aargauischen Unterschneisingen, wo wir uns heute zum Mittagessen treffen.

Die beiden Gastgeber werden nach zwei eigenen Rezepten kochen, die ihre Vorlieben zeigen: italienische Pasta nach Walters Geschmack (mit Baumnüssen aus dem eigenen Garten) und einen Fenchelsalat mit Äpfeln an einer indischen Gewürzmischung nach Vorgaben von Peter.

Die Gebrüder Keiser gehören seit Jahren zur Crème de la Crème der Schweizer Musikszene. Mit den meisten bekannten Namen standen sie auf der Bühne oder im Studio: Polo Hofer, Sina, Maja Brunner. Berührungsängste kennen sie fast keine. «Wenn jemand so witzig und echt ist wie Maja Brunner, spiele ich gern mit ihr, der Stil ist zweitrangig», sagt Walter Keiser.

Die «Keiser Twins», wie sie sich seit mehr als 20 Jahren nennen, telefonieren täglich miteinander. Zudem musizieren sie häufig zusammen: Peter am Bass, Walter «in der Verteidigung» am Schlagzeug.

Peter Keiser schaut in seine Agenda und zählt die Konzerte auf, die er demnächst mit dem Berliner Liedermacher Klaus Hoffmann geben wird. Als Hauptbeschäftigung betreibt er in Zürich ein Tonstudio, dessen Name «TwinOne» ein kleiner Hinweis darauf ist, dass Peter ein paar Minuten älter ist als «Walterli», wie er seinen Bruder heute noch nennt.

Walter Keisers Standbein ist das feste Engagement als Schlagzeuger der Band von Andreas Vollenweider. Zudem bilden die beiden derzeit das Rückgrat der «Banana Boat Late Night Band» in der Fernsehsendung «Black ’n’ Blond» von Roman Kilchsperger und Chris von Rohr. Das Engagement, für das sie – vorläufig – Montag für Montag im Studio auftreten, sei ein spannendes Projekt. Walter Keiser: «Am TV gibt es fast keine Shows mehr, in denen live gespielt wird. Darum ist dies eine besondere Herausforderung.»

Martheli Mumenthalers Erbe

Da ich die Keiser-Brüder seit vielen Jahren kenne, bin ich mit ihren Witzen und Wortspielereien vertraut. Für einen Dazugekommenen dürfte es manchmal schwierig sein, Ironie und Ernsthaftigkeit auseinander zu halten. Vergnügt gehen sie am Herd ans Werk, scherzen, schaukeln sich hoch, kichern über Banalitäten, um eine Minute später ernsthaft über das Geheimnis ihres Zusammenspiels nachzudenken.

Wenn Peter und Walter Keiser als Rhythmusgruppe loslegen, gibt es kein Dazwischenkommen. Zu kompakt und präzis ist das Duo – die Herzen der beiden scheinen synchron zu schlagen. Sie kennen einander so gut, «dass ich bei jedem beliebigen Song am Radio höre, ob Walter am Schlagzeug war oder nicht», sagt Peter.

Das geübte Teamwork zeigt sich auch in der Küche. Man arbeitet Hand in Hand. Dass das Kabel des Mixers zu kurz ist und die Sauce verschüttet wird, hebt die Stimmung. Solche Pannen treiben die Brüder zu noch mehr Sticheleien an.

Walter Keisers Rezept mit der Nusssauce stammt von einem befreundeten Wirt in der Nähe von Genua. Dieser hatte nach einem Konzert von Andreas Vollenweider in Mailand Feuer gefangen und wurde ein Fan – vom Drummer, nicht vom Harfenisten. Walter ist bei ihm immer ein willkommener Gast: «Ich durfte noch nie bezahlen, obwohl ich schon einige Tricks versucht habe.» Als Revanche offerierte er dem Wirt einmal ein Konzert in dessen Lokal – mit Pauken, Trommeln, Becken sowie Kochtöpfen und Schwingbesen. Das Experiment wurde zum Riesenerfolg.

Die vielen Engagements haben Peter und Walter Keiser bei Neidern den Übernamen «Mietzwillinge» eingebracht. Das wurmt sie zwar ein wenig, doch häufiger gebe es Lob – wenn es etwa heisst, das Beste an der Show von Kilchsperger und von Rohr sei die Musik. Oder wenn es ihnen gelingt, für die Generalversammlung einer Bank Polo Hofer und Gölä, die sich weder kannten noch kennen lernen wollten, auf einer Bühne zu versammeln.

Die musikalische Ader haben die beiden Keisers von ihrer Mutter geerbt: Die Sängerin Martheli Mumenthaler war jahrzehntelang ein Star der Schweizer Volksmusikszene. Ihren grössten Hit «Nach em Räge schint d Sunne» kennt jedes Kind – spätestens seit er im Film «Mein Name ist Eugen» zu neuem Leben erwacht ist.

Mumenthaler betrieb ein paar Jahre lang mit ihrem Mann Walter Keiser und den Söhnen das Restaurant «Neuer Tobelhof» in Zürich. Privatsphäre gabs in dieser Phase des Lebens praktisch keine. Die Brüder erinnern sich: «Wir mussten mausbeinallein in der grossen Chromstahlküche frühstücken, wo es nach Zwiebeln vom Vorabend roch. Dafür gabs da einen modernen Barmixer, der die Ovo innert Sekunden zum Schäumen brachte. So etwas hatte keiner der Kollegen zu Hause. Oder wir durften zum Zmorge Cola trinken.»

Wir trinken zum Mittagessen heute weder Cola noch Alkohol, sondern Wasser. Peter und Walter Keiser müssen noch arbeiten und wollen für den Rest des Tages fit sein. Das Essen ist deshalb von der leichteren Sorte: süss und würzig der Salat, cremig und nussig die Ravioli. Ein perfektes kulinarisches Duett.

Quelle: Niklaus Spoerri