Andrea Riolo, 17, Schüler: «Keine Lust auf Streit»

«Eines vorweg: Mit meinen Eltern habe ich vergleichsweise Glück. Die sind recht tolerant und reden mir nicht gross drein. Wir sehen uns ja auch kaum. Tagsüber bin ich in der Sportklasse an der Kanti Aarau, von dort geht es fast jeden Abend direkt nach Zürich zum Training. Ich spiele Eishockey bei den Elitejunioren des ZSC, das beansprucht praktisch meine ganze Freizeit. Mir ist es recht, wenn ich dadurch Reibereien zu Hause aus dem Weg gehen kann.

Klar gibt es zwischendurch kleinere Aufreger, etwa wenn es ums Aufräumen geht. Da finde ich halt, dass es meine Sache ist, wie es in meinem Zimmer aussieht. Doch eine grosse Sache mache ich aus solchen Dingen nicht: Ich habe schlicht keine Lust, mich mit meinen Eltern zu streiten.

Na gut, ab und zu sage ich schon auch was. Zum Beispiel wenn mein Vater selber etwas tut, was er uns verbietet – wie vor dem Fernseher zu essen. Das hört er dann nicht so gern, wenn ich ihm sage, dass ich das etwas inkonsequent finde… Aber eben: Das sind Nebensächlichkeiten. Wirklich wichtig ist mir, dass ich genug Freiheiten habe, um meinen Weg zu gehen. Durch den Sport habe ich früh gelernt, Verantwortung zu übernehmen und selber zu merken, was für mich gut ist.»

Sylvia Riolo, 46, Musiklehrerin: «Er war ‹en fuule Chäib›»

«Mein Sohn Andrea hat mit sechs angefangen, Eishockey zu spielen. Durch sein heutiges Engagement als Spitzensportler ist er sehr früh selbstständig geworden. Fast seine ganze Freizeit geht fürs Training und für die Spiele drauf, er ist nur einen Abend pro Woche zu Hause. Dadurch haben wir natürlich ganz viele Alltagsprobleme nicht, die andere Eltern und Jugendliche haben, das ist mir sehr bewusst.

Einmal, mit 15 Jahren, war Andrea drei Monate verletzt und konnte nicht ins Training. Das war die schlimmste Zeit mit ihm. Plötzlich hing er dauernd mit Kollegen rum und ging in den Ausgang – und übertrieb es dabei auch mal. Da habe ich gemerkt: Hoppla, so wäre das, wenn er den Sport nicht hätte.

Die ganze Suchtproblematik haben wir nicht mit ihm: Dopingkontrollen werden unangemeldet vom Verband aus gemacht, er darf sich da gar nichts leisten. Früher hatten wir öfter mal Auseinandersetzungen wegen seiner Schulleistungen: Er war einfach ‹en fuule Chäib›. Das hat sich mit dem Übertritt ins Sportgymnasium geändert. Aber das Thema ‹Puff im Zimmer› ist immer noch ein Knatschpunkt – wir arbeiten daran. Ich lasse meinen Kindern den Freiraum, den sie brauchen – das klappt gut.»