Für Urs Hitz hat sich das Chatten gelohnt: Vor gut einem Jahr fand er im Internet seine Partnerin Cécile Kunz. «Schon nach wenigen Mails merkten wir, dass wir auf der gleichen Wellenlänge liegen, und verabredeten uns zum Apéro», erzählt der 42-jährige Versicherungstreuhänder. Spontan vereinbarten sie dabei ein Ski-Weekend, und der Flirt entwickelte sich rasch zu einer Beziehung. Ein paar Monate später zogen sie zusammen.

Zehntausende Schweizerinnen und Schweizer versuchen, ihren Partner via Internet zu finden, laut der unabhängigen Internetsite singleboersen-vergleich.ch sind es gar mehr als 700'000. Internet-Dating funktioniert nach einem einfachen Prinzip: Je mehr Mitgliederprofile eine Plattform aufweist, desto wahrscheinlicher erscheint es, dass das einzelne Mitglied einen passenden Partner findet.

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Seien Sie unverwechselbar
Doch Masse ist nicht gleich Klasse - die fast schon unüberblickbare Auswahl kann einen auch schlicht überfordern. Nachdem sich Sara Gerber (Name geändert) neu bei Singles angemeldet hatte, quoll ihre Mailbox sogleich über: Innert 24 Stunden erhielt die 36-jährige Zürcherin rund 400 Nachrichten von interessierten Männern. Das bedeutete erst einmal viel Arbeit: Allein für das Versenden der Absagen brauchte sie ein volles Wochenende. Eine Chance hatten nur jene, die keine Standard-Message («Schön, bist du hier - können wir uns kennenlernen?») geschickt hatten, sondern tatsächlich auf ihren Profiltext Bezug nahmen.

Um aus der Masse hervorzustechen, ist es zwingend, die Selbstbeschreibung ehrlich, aber zugleich überraschend und vor allem unverwechselbar zu halten. Singles.ch-Geschäftsleiter Daniel Hauri rät, sich einen Tag Zeit zu nehmen, um das eigene Profil individuell zu gestalten. «Wichtig ist, Plattitüden zu vermeiden. Also in der Rubrik ‹Was ich nicht mag› besser ‹offene Zahnpastatuben› zu schreiben als ‹Krieg und Kinderschänder›.»

Damit die Nadel im Heuhaufen auch tatsächlich auffindbar wird, lassen sich die Anbieter ihrerseits immer detailliertere Suchkriterien einfallen. Keine Vorliebe, keine persönliche Eigenschaft ist zu ausgefallen, als dass sie nicht zum Suchkriterium taugen würde. Piercings, Alkoholkonsum, politische Präferenzen - nach allem Möglichen lässt sich beispielsweise auf Match suchen.

Darum vermischen sich auch die früher klar unterscheidbaren Formate Partnervermittlung und Singlebörsen immer mehr. Während bei Letzteren die Partnersuchenden selber, eben aufgrund der Suchkriterien, nach einem passenden Kontakt fahnden, übernimmt dies bei der Partnervermittlung die Agentur, die aufgrund von Fragebögen und Persönlichkeitstests Vorschläge unterbreitet.

Beispielsweise bei Meetic und Match sind beide Elemente ungefähr gleich stark: Einerseits kann dank ausgeklügelten, verknüpfbaren Kriterien sehr detailliert gesucht werden. Anderseits macht das Computersystem selber Vorschläge, vergleicht die jeweiligen Vorlieben und Interessen und errechnet daraus den Grad der Übereinstimmung. «Matching» nennt sich dies.

«Dieser Datenabgleich sorgt für eine Reihe von besser zugeschnittenen Vorschlägen und hat den Vorteil, dass man nicht selber in der grossen Masse suchen muss», meint Christian Köhler von Meetic. Das System ist allerdings weit davon entfernt, den Traummann oder die Traumfrau auf dem Präsentierteller liefern zu können. «Obwohl ich in den Suchkriterien und im frei wählbaren Text deutlich gemacht hatte, dass ich sehr gern Ski fahre und eine Ferienwohnung im Engadin habe, schlug mir Meetic mit der angeblich grössten Übereinstimmung eine Genferin vor, die gern reitet», erinnert sich Urs Hitz, der ebenfalls eine Zeitlang auf Meetic online war, bevor er seine Partnerin via Parship fand.

Selbst wenn vermeintlich alles passt, muss es noch lange nicht klappen mit der Liebe. «Es ist wie im richtigen Leben ein Riesenzufall, wenn zwei wirklich zusammenfinden», bilanziert Sara Gerber. Die mehreren hundert Interessenten grenzte sie zwar nach den Chats zu einem halben Dutzend ernsthafter Anwärter ein, mit keinem traf sie sich aber mehr als einmal. «Es hat einfach zu viele, die nur vorgeben, eine Beziehung zu suchen, dann aber trotzdem nur das eine wollen.»

«Ernüchternde Ergebnisse»
Diese Beobachtungen decken sich mit jenen der deutschen Stiftung Warentest. Sie hatte 19 echte Singles eingesetzt, die auf insgesamt 16 Dating-Sites nach ihrem Traumpartner suchen sollten. «Die Ergebnisse sind ernüchternd», bilanzierte die Stiftung. Lediglich zwei Tester hatten nach einem halben Jahr mindestens ansatzweise eine neue Beziehung aufgebaut.

Weil «Liebe» als Testkriterium nicht objektivierbar ist, wertete der Beobachter für den vorliegenden Vergleich die jeweiligen Partnervorschläge nicht. Dennoch zeigten sich markante Unterschiede, vor allem bei der Benutzerfreundlichkeit.

Während beispielsweise auf der Be2-Einstiegsseite sofort alle wesentlichen Funktionen auf einen Blick erkennbar sind, kann man sich auf Meetic leicht in den Dutzenden von Optionen verlieren. Auf Singles, Friendscout24 und noch extremer auf Meetic lassen sich die Partnersuchenden inklusive Bild bis zum exakten Wohnort eruieren - was vorab in ländlichen Gebieten die Anonymität gefährdet. Auf Be2, Elitepartner und Parship hingegen sieht man Bilder eines Partnersuchenden erst, wenn dieser sie gezielt freigibt.

Zahlen muss man fast überall
Noch mehr als in der Funktionalität unterscheiden sich die Dating-Portale punkto Preis. Die beiden teuersten Anbieter verlangen für eine sechsmonatige Mitgliedschaft exakt zehnmal mehr als der billigste. «Aber der Preis ist nur ein Kriterium unter vielen», meint Urs Hitz. Die knapp 300 Franken, die eine halbjährige Mitgliedschaft kostet, «blättern manche Leute doch schon für ein Paar Jeans hin».

Im Gegensatz zum Beginn des Online-Dating-Booms muss heute auf praktisch allen Sites bezahlen, wer Kontakt mit jemand anderem aufnehmen will. Einzig Singles bietet die Kontaktaufnahme zumindest während einer gewissen Zeit kostenlos. Eine grosse Ausnahme gibt es - allerdings nützt sie der Mehrheit der Partnersuchenden nichts: Die bei Schwulen sehr beliebte Plattform Gayromeo (über 20'000 Schweizer User waren in den letzten 30 Tagen online) ist im Grundangebot werbefrei und kostenlos, inklusive Verschicken von beliebig vielen Nachrichten. Bezahlen muss nur, wer Zusatzdienste nutzt. Trotzdem schreibt die Betreiberfirma schwarze Zahlen. Dass dieses Geschäftsmodell aufgeht, lässt umgekehrt ahnen, dass ein erklecklicher Gewinn bei den Betreibern von herkömmlichen, heterosexuellen Dating-Sites hängenbleibt. In der Beobachter-Umfrage verweigerten sämtliche Anbieter Angaben über Umsatz und Gewinn.

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