René Bertschinger, 42, ist Initiant der Familiä-Partei. Er lebt mit Familie in Hendschiken AG.

Beobachter: Herr Bertschinger, Sie haben im Kanton Aargau die Familiä-Partei gegründet. Nun planen Sie 2009 den Sprung auf die nationale Politbühne. Steht da eine Namensanpassung an, oder wollen Sie an diesem – entschuldigen Sie – provinziell anmutenden ä festhalten?
René Bertschinger: Denken Sie etwa an Family-Partei oder Familien-Partei? Nein, das ä im Parteinamen hat sich bestens bewährt. Der Name soll bewusst volksnah schweizerdeutsch sein und bleiben.

Beobachter: Hat denn die Schweiz auf die Familiä-Partei gewartet?
Bertschinger: Im Kanton Aargau kann diese Frage aufgrund des sehr guten Wahlergebnisses der Familiä-Partei anlässlich der Regierungsratswahlen vom 30. November 2008 mit einem klaren Ja beantwortet werden. Die Familie – bisher die tragende Säule unserer Gesellschaft – hatte bisher in der Politik keine Lobby. Mit dem Schwung aus dem Aargau wollen wir nun nächstes Jahr die Familiä-Partei Schweiz ins Leben rufen. Aus vielen Kantonen haben wir im Vorfeld bereits sehr positive Signale erhalten.

Beobachter: Aber jede Partei schreibt sich heute «familienfreundlich» auf ihre Fahne.
Bertschinger: Ja, um Stimmen zu generieren. Wir aber setzen uns permanent für die Interessen der Familien ein und nicht nur vor Wahlen und Abstimmungen. Wenn die anderen Parteien Ernst machen würden, hätten Eltern nicht so viele Probleme, dann wären Kinder heute kein Armutsrisiko. Wir sind eine Themenpartei; bei uns geht es nicht um Autos, Umweltschutz oder Banken, bei uns geht es um Menschen, um die Kinder und ihre Eltern – egal, ob diese verheiratet sind, geschieden oder im Konkubinat leben. Für ihre Interessen gehen wir notfalls auf die Barrikaden.

Beobachter: Welche Ziele verfolgen Sie konkret?
Bertschinger: Ich komme aus dem Finanzsektor, deshalb liegt mir dieses Thema besonders am Herzen. Es darf doch nicht sein, dass es sich Familien mit zwei und mehr Kindern heute nicht mehr leisten können, dass sich ein Elternteil ausschliesslich der Kindererziehung und -betreuung widmen kann.

Beobachter: Sie sind also eine Partei für die klassische Familie?
Bertschinger: Nein, wir machen primär zivilstandsunabhängige Elternpolitik – denn egal, ob verheiratet, geschieden, alleinerziehend oder klassisch, letztlich sitzen alle Eltern in etwa im gleichen Boot. Es braucht diese neue politische Kraft, das sind wir nicht zuletzt unseren Kindern schuldig.

Beobachter: Sie sind also kein Gegner der familienexternen Kinderbetreuung.
Bertschinger: Im Gegenteil: Wo ein solches Bedürfnis besteht, muss dringend für ein Angebot gesorgt werden. Stossend finde ich, dass sich die sogenannt etablierten Parteien seit Jahrzehnten mit der Abschaffung der steuerlichen «Heiratsstrafe» beschäftigen. Offenbar haben sie nicht begriffen, dass die klassische Familie nur noch einen Teil der heutigen Elterngemeinschaften ausmacht. Gleichzeitig bin ich aber auch dagegen, dass nur die familienexterne Kinderbetreuung steuerlich abzugsberechtigt sein soll, nicht aber die Betreuung innerhalb der Familie. Die klassische Familie wäre dann doppelt geprellt: Sie verzichtet nicht nur auf dieses externe Betreuungsangebot und – gerade im Fall der Frau – sehr oft auch auf eine berufliche Karriere, nein, sie müsste dann auch noch die Tagesstrukturen an Schulen für die anderen mitfinanzieren.

Beobachter: Was schlagen Sie vor?
Bertschinger: Ich bin zum Beispiel für eine deutliche Erhöhung des steuerlichen Kinderabzugs. Man soll den Familien nicht das Geld aus den Taschen ziehen, um es dann umzuverteilen und nach Abzug der Verwaltungskosten den Familien wieder zurückzugeben. Man soll ihnen das Geld lassen, das sie sich verdient haben, damit sie damit das finanzieren können, was sie gerade brauchen. Ob das nun die Blockflöte für die Tochter ist oder die Tagesmutter für das Kleinkind, liegt letztlich im Ermessen der Eltern.