«Versprich mir, dass du, auch wenn ich einmal alt und grau bin, immer noch mein Sünneli bist.»

 

An diesen Satz erinnere ich mich, als wäre es erst gestern gewesen, lieber Grosspapi. Und es ist auch kein Zufall, dass ich heute Abend, an deinem 85. Geburtstag, hier stehe – und Erinnerungen sprechen lasse. Denn deine Worte von damals haben mein ganzes Leben geprägt. Und ich bin überzeugt, dass ich ohne dich nicht die wäre, die ich heute bin. Du weisst besser als alle anderen, was mich bewegt, was mich beschäftigt, was meine Träume waren und sind. Du findest in jeder Situation die richtigen Worte, weisst, wie du mir neuen Mut schenkst, und bist stets für mich da – egal, ob ich über das ganze Gesicht strahle oder mir eine Träne über die Wange kullert. Ich habe von dir so viel für und über das Leben gelernt.

 

Noch heute liebe ich es, mit dir im Café zu sitzen und deinen Worten zu lauschen. Du hast mir die Fähigkeit geschenkt, hinter die Fassade des Lebens zu blicken, das Offensichtliche kritisch zu hinterfragen und mehr auf die leisen Zweifel zu hören als auf die grossen Versprechen. Manch ein Satz von dir ist für mich wertvoller als jeder Schatz. Ich kann dir alles aus meinem Leben anvertrauen und weiss, dass jedes Wort bei dir bestens aufgehoben ist. Dieses wunderschöne Gefühl trägt mich durch Hochs und Tiefs und gibt mir die Gewissheit, alles richtig zu machen. Dafür möchte ich dir danken, lieber Grosspapi.

«Im Wissen, dass unsere Beziehung viel mehr ist, als Worte jemals ausdrücken können.»

 

Es fiel mir sehr schwer, meine Gefühle und Verbundenheit zu dir in Worte zu fassen. Und dann noch hier vor der ganzen Familie zu schildern. Jetzt, da ich es getan habe, fühle ich mich erleichtert. Denn ich weiss, nicht jede kann sich so glücklich schätzen, einen solchen Grosspapi zu haben. Es war mir wichtig, dir das zu sagen.

 

«Versprich mir, dass du, auch wenn ich einmal alt und grau bin, immer noch mein Sünneli bist.»

 

Lieber Grosspapi, dieses Versprechen erneuere ich heute, an deinem Jubeltag, noch so gern. Im Wissen, dass unsere Beziehung viel mehr ist, als Worte jemals ausdrücken können. Deshalb, lieber Grosspapi, sag jetzt nichts. Es reicht, wie immer zwischen uns, ein kurzer Blick.

Das zeichnet diese Rede aus

Von Kommunikationsprofi Patrick Rohr: Die Du-Form ist für kurze Ansprachen in einem kleinen, privaten Kreis hervorragend geeignet. In diesem Rahmen schliesst sie niemanden aus und erlaubt einen sehr persönlichen Zugang zu der gewürdigten Person. Über die Anekdoten gemeinsamen Erlebens erschliesst die Rednerin den Gästen den Charakter des Jubilars. Die gefühlvolle Tonalität passt zum Anlass – es ist ein Jubeltag, kritische oder hinterfragende Anmerkungen wären fehl am Platz.

Hinweis: Dieser Text ist ein Auszug des Buches «Reden wie ein Profi», das im Juli in der Beobachter-Edition erschienen ist. Sie können das Buch hier bestellen.

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