Die Zürcher Gemeinde Stäfa musste Mitte Mai einen Gendertag an der Sekundarschule absagen – nachdem ein regelrechter Shitstorm aufgezogen war. SVP-Nationalrat Roger Köppel bot darauf eine öffentliche Diskussion zum Thema an. Der Stäfner Gemeindepräsident Christian Haltner (FDP) lehnte das jedoch ab. Leuten wie Köppel und SVP-Nationalrat Andreas Glarner gehe es nicht um die Sache, sie bewirtschafteten ihr Wahlkampfthema, «und das auf dem Buckel unserer Gemeinde». Da mache er nicht mit, sagte Christian Haltner dem Beobachter. Er wolle diese «masslose Gier nach Aufmerksamkeit» nicht noch unterstützen.

Der Shitstorm wegen des Gendertags sei für ihn völlig überraschend gekommen. Er habe an jenem Tag einen befreundeten Divisionär in Thun besucht. «Da erhielt ich die Mitteilung einer Kantonsrätin, ich solle sie bitte anrufen. Am Abend sah ich dann, dass Stäfa überall in den Medien war.» Zunächst habe nur die Schulpräsidentin ein Interview gegeben, als aber die Gemeinde angegriffen wurde, habe er als Gemeindepräsident übernehmen müssen. «Wenn man in der Verantwortung steht, muss man hinstehen, ob es einem gefällt oder nicht. Das war immer meine Führungsphilosophie.»

Als das Angebot von SVP-Nationalrat Köppel für eine öffentliche Diskussion kam, habe der Krisenstab des Gemeinderats das erneut besprochen. «Weil wir in der Sache nichts weiter zu sagen haben, gibt es aus unserer Sicht nichts zu diskutieren. Für Genderfragen bin ich der Falsche, und für den Lehrplan 21 ist unsere Schule oder die kantonale Bildungsdirektion verantwortlich.» Aber Glarner und Köppel hätten für ihren Wahlkampf instrumentalisieren wollen. «Wenn es um die Sache gegangen wäre, hätte die SVP ihren Fraktionschef oder den Präsidenten der Kantonalpartei nach Stäfa geschickt», sagte Haltner weiter.

Er habe von Beginn weg fast ausschliesslich positive Feedbacks auf das Vorgehen der Gemeinde erhalten. «Auch gestandene SVP-Mitglieder haben mir gratuliert, dass ich sachlich unseren Standpunkt als Gemeinde vertreten habe und nicht auf die Polemik eingegangen bin.» 95 Prozent der Mails unterstützten seine Haltung, nur vereinzelt habe es kritische bis unflätige Kommentare gegeben.