Der Lenker eines Motorrollers fuhr in Zürich hinter einem Lastwagen her. Als der Laster abbremste, wich der Rollerfahrer auf den Radstreifen aus, um rechts vorbeizufahren. In diesem Moment bog der Lastwagenfahrer – nachdem er links ausgeholt hatte – rechts ab, um auf einem Parkplatz zu parken. Es kam zur Kollision. Dabei verletzte sich der Rollerfahrer schwer.

Das Polizeirichteramt verurteilte den Rollerfahrer, weil er verbotenerweise rechts überholt hatte. Das Amt verzichtete aber angesichts der schweren Verletzungen des Rollerfahrers auf eine Strafe. Trotzdem zog der Verurteilte das Urteil weiter – bis vor Bundesgericht; dieses gab allerdings den Strafbehörden Recht.

Grundsätzlich dürfen Radstreifen, die durch eine unterbrochene Linie abgetrennt sind, auch von Motorfahrzeugen befahren werden, sofern dadurch der Fahrradverkehr nicht behindert wird. Der Rollerfahrer hätte also rechts am Laster vorbeifahren dürfen, wenn bei diesem der linke Blinker gestellt gewesen wäre. Da die Absicht des Lastwagenlenkers aber unklar war, hätte der Rollerfahrer hinter dem Laster bleiben müssen. Die Verurteilung durch die Vorinstanzen war also rechtmässig.

Bundesgericht, Urteil vom 31. Oktober 2005 (6S.62/2005)