Die junge Frau lehnt provokativ am Türrahmen, kaut intensiv Kaugummi und mustert die Ärztin von oben bis unten. Schliesslich fragt sie: «Kann man mit Ihnen reden?» Die Ärztin nickt. Darauf der Teenager: «Ich meine, kann man mit Ihnen wirklich über alles reden?»

Die Zürcher Jugendgynäkologin Francesca Navratil lässt sich durch die betont lässige Haltung der 14-Jährigen nicht täuschen. «Die meisten jungen Frauen fürchten sich vor der ersten Untersuchung und müssen eine Schwellenangst überwinden, um in die Sprechstunde zu kommen.» Viele hätten Hemmungen, sich auf den Untersuchungsstuhl zu legen und ihre intimsten Körperstellen zu präsentieren.

Wichtigstes Thema ist die Sexualität


Doch diese Bedenken sind unbegründet, denn der erste Besuch bei der Gynäkologin läuft üblicherweise ohne Scheidenuntersuchung ab. Diese macht die Frauenärztin nur in Ausnahmefällen: bei schwerwiegenden Menstruationsproblemen, unklaren Bauchschmerzen, störendem Ausfluss oder einer Schwangerschaft.

Im Vordergrund steht vielmehr das Gespräch – zum Beispiel über den sich verändernden Körper. Viele Heranwachsende zweifeln nämlich daran, dass ihre Entwick-lung normal verläuft: Sie haben verschieden grosse Brüste, deren Wachstum führt zu Spannungen, oder die Monatsblutung ist sehr stark. «Es ist wichtig, den jungen Frauen zu helfen, die Veränderungen ihres Körpers richtig einzuordnen», erklärt Francesca Navratil.

Vielfach gilt es auch, unbegründete Ängste abzubauen. «Wenn etwa die Brust wächst, können sich Knötchen bilden», sagt die Gynäkologin. «Das ist normal und hat kaum je mit Brustkrebs zu tun.»

Thema Nummer eins sind jedoch Fragen rund um Sexualität und Verhütung. Von 4700 Beratungsanfragen, die das holländische Pharmaunternehmen Organon auswertete, betraf jede zweite die Bereiche Aufklärung und Verhütung.

Eine feste Regel, in welchem Alter der erste Besuch bei einer Jugendgynäkologin erfolgen sollte, gibt es nicht. Eine Beratung ist dann notwendig, wenn Heranwachsende – unabhängig vom Alter – unter starken Beschwerden im Unterleib oder an der Brust leiden. Als Faustregel für alle anderen gilt: Das Bedürfnis, sexuell aktiv zu werden, ist ein guter Zeitpunkt, um sich beraten zu lassen.

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