Künstliche Fortpflanzung: Die vier Stufen zum Kinderglück

Schon bei der Frage, nach welcher Zeit ein Paar als «ungewollt kinderlos» gilt, gehen die Meinungen weit auseinander: Viele Fortpflanzungsmediziner raten bereits zu vertieften Abklärungen, wenn die Frau nach einem Jahr regelmässigen Geschlechtsverkehrs – das heisst mindestens zweimal pro Woche – nicht schwanger ist. Andere Ärzte und Schwangerschaftsberaterinnen empfehlen, mindestens doppelt so lange zu warten und zuerst die Lebenssituation zu überprüfen: Ist der Mann oder die Frau übermässig gestresst? Dreht sich alles nur noch um den Kinderwunsch? Könnte das Gesundheitsverhalten einen Einfluss haben?

Weit ist auch die Spanne der Massnahmen, um die Ursachen der Kinderlosigkeit abzuklären und auf medizinischem Weg eine Schwangerschaft zu erreichen. Hat sich ein Paar dafür entschieden, wird wie folgt stufenweise vorgegangen.
  Massnahmen Kosten

Erste Stufe
 Mögliche Abklärungen beim Mann: ausführliche Erhebung der Vorgeschichte (Anamnese), allein oder zusammen mit der Partnerin; Erstellen eines oder mehrerer Spermiogramme (Menge und Qualität der Spermien); Bestimmung des Hormonstatus; Hodenbiopsie.

Mögliche Abklärungen bei der Frau: ausführliche Anamnese, insbesondere über den Zyklus; gynäkt?ologische Untersuchung; Bestimmung des Hormonstatus; Abklärung von anatomischen Störungen; bakteriologische Untersuchungen.

Werden in aller Regel von der Grundversicherung übernommen.

Zweite Stufe
 Hormonelle Stimulation (Hormontherapie) bei der Frau: Hormone können einerseits verabreicht werden, um einen unregelmässigen Zyklus zu stabilisieren. Anderseits sollen sie die Reifung der Eizellen unterstützen und den Eisprung auslösen.

Insemination (künstliche Besamung): Sie wird vor allem dann angewandt, wenn Zahl und Beweglichkeit der Spermien eingeschränkt sind. Um den Weg zur Eizelle zu verkürzen, werden die Spermien zum Zeitpunkt des Eisprungs über einen dünnen Schlauch (Katheter) direkt in die Gebärmutter geleitet.
Werden in aller Regel von der Grundversicherung übernommen (die Hormontherapie bis zu einem Jahr, die Insemination bis zu drei Zyklen). Um sicher zu sein, sollte aber eine Kostengutsprache eingeholt werden.

Dritte Stufe
 In-vitro-Fertilisation IVF (Befruchtung im Reagenzglas): Sie wird vor allem dann angewandt, wenn die Eileiter verschlossen sind oder der Mann praktisch zeugungsunfähig ist. Ei- und Samenzelle werden in einem Glasgefäss zusammengebracht und nach der Befruchtung über einen Katheter zurück in die Gebärmutter gegeben. Befruchtete Eizellen, die überzählig sind, könnent? tiefgefroren und für weitere Zyklen verwendet werden.Werden nicht von der Grundversicherung übernommen. Die Ausgaben (inklusive Medikamente) liegen zwischen 5000 und 8000 Franken pro Zyklus. Die Lagerung von überzähligen Eizellen kostet 500 bis 1000 Franken.

Vierte Stufe
 Intracytoplasmatische Spermieninjektion ICSI (Mikroinsemination): Die Methode ist eine verfeinerte Kombination von IVF und Insemination. Dabei wird ein einzelnes Spermium in eine dünne Pipette aufgezogen und direkt in die Eizelle gebracht. Das Verfahren kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn der Mann nur wenige Spermien produziert oder die vorhandenen kaum beweglich sind. Werden nicht von der Grundversicherung übernommen. Die Ausgaben (inklusive Medikamente) liegen zwischen 8000 und 10000 Franken pro Zyklus.

 

Bis zu welcher Stufe ein Paar auch geht: Es empfiehlt sich eine psychologische Begleitung. Eine Psychotherapie erlaubt einem Paar einerseits, den Druck zu thematisieren, dem es ausgesetzt ist. Anderseits kann es sich frühzeitig mit Alternativen zum eigenen Kind beschäftigen: Adoption, Pflegekind, Tageseltern, Patenschaft. Oder schliesslich vom Kinderwunsch ablassen, ohne dass die Partnerschaft bedroht wird.