Die Bilder sind gruselig. Blutige Lungenlappen, verstopfte Gefässe, ein vom Infarkt dunkel verfärbter Herzmuskel. Die Organe stammen von Leuten, die kurz nach einer Impfung mit dem mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer starben.

Die Fotos davon sind Teil eines Beitrags im Fachmagazin «Legal Medicine». Pathologen stellen darin fest: «Alle drei Dahingeschiedenen hatten neben anderen Vorerkrankungen schwere Herzgefässleiden und starben im Zusammenhang mit diesen.»

Diese Beobachtungen decken sich mit Erkenntnissen aus der Schweiz. In ihrem aktuellen Bericht führt die Heilmittelbehörde Swissmedic 145 Todesfälle im Zusammenhang mit der Impfung auf. «Trotz eines zeitlichen Zusammenhangs gibt es in keinem Fall konkrete Hinweise, dass die Impfung die Ursache für den Todesfall war», sagt Swissmedic-Sprecher Alex Josty. «Jeder Todesfall wird durch ausgebildete medizinische Fachpersonen auf einen möglichen Zusammenhang mit der Impfung abgeklärt.»

Häufig Herz- und Gefässerkrankungen

Dabei würden sämtliche Informationen zur Krankengeschichte, auch Autopsieberichte, berücksichtigt. «Swissmedic selber kann keine Obduktionen anordnen. dafür sind die Ärzte vor Ort beziehungsweise die kantonalen Behörden zuständig», sagt der Swissmedic-Sprecher. Bei den Autopsien seien vielfach Herz- und Gefässerkrankungen festgestellt worden, die generell eine häufige Todesursache seien.

Zsuzsanna Varga, Professorin und leitende Ärztin am Institut für Pathologie und Molekularpathologie des Unispitals Zürich, bestätigt diesen Befund. «Ich habe nur sehr wenige Menschen obduziert, die nach einer Covid-19-Impfung verstorben waren, aber jeweils keinen Zusammenhang zur Impfung feststellen können.»

Es fragt sich aber: Sind diese Zahlen und Eindrücke auch verlässlich? In Deutschland machte im August der Chefpathologe der Uni Heidelberg Schlagzeilen, Peter Schirmacher. Er warnte, dass es eine Dunkelziffer geben könne. In dem von ihm geleiteten Covid-Autopsienetzwerk Baden-Württemberg wurden 33 Menschen obduziert, die überraschend zu Hause und in engem zeitlichem Zusammenhang mit Impfungen verstorben waren.

Einen ursächlichen Zusammenhang mit mRNA-Impfungen – in der Schweiz wurden bislang ausschliesslich solche verabreicht – wiesen die Heidelberger Pathologen in fünf Fällen nach (Durchschnittsalter 58) – bei etwa 6 Millionen mit diesen Impfstoffen Geimpften in Baden-Württemberg.

Bei Infektion massiv mehr Todesfälle

Eine Überschlagsrechnung hilft, einen Vergleich zur Erkrankung zu ziehen: Wenn sich 6 Millionen Ungeimpfte mit Sars-CoV-2 infizieren würden, könnte es zu etwa 12'000 Todesfällen kommen. Denn das Bundesamt für Gesundheit geht von einer Todesrate von 0,2 Prozent der Fälle in der Gruppe der 50- bis 59-Jährigen aus.

Ein direkter Vergleich ist allerdings nicht möglich. «Wir können keine Aussage darüber treffen, zu welchem Prozentsatz Menschen ursächlich in Zusammenhang mit der Impfung sterben», sagt Schirmacher. Zu unsicher ist, wie viele Verdachtsfälle überhaupt obduziert werden. Das ist von vielen Faktoren abhängig, vor allem davon, was der Arzt, der den Leichnam beschaut, in den Totenschein einträgt.

«Bei alten Menschen mit Vorerkrankungen wird meistens eine natürliche Todesursache angekreuzt. Dann gibt es in aller Regel keine Obduktion», erklärt Schirmacher. «Deshalb ist es wahrscheinlich, dass wir die Zahl der Menschen unterschätzen, die im Zusammenhang mit einer Impfung sterben.» Allerdings habe man in Heidelberg wohl die meisten Autopsien aus dieser Gruppe von Verstorbenen vorgenommen.

Dort werden diese Verdachtsfälle untersucht, unterstützt mit Mitteln des Bundeslands. Mit den Pathologen kooperieren rechtsmedizinische Institute, Staatsanwaltschaften und Ämter. Ärzte, die Leichen begutachten, sind aufgerufen, möglichst viele Verdachtsfälle einer Autopsie zuzuleiten.

Eine Massnahme für mehr Sicherheit

«Wir haben eine Verantwortung, unklare Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung bestmöglich zu untersuchen», sagt Schirmacher. «Es geht auch darum, Sicherheit zu schaffen und mögliche Versorgungs- und Entschädigungsfragen für die Angehörigen zu klären.» Deshalb müsse es mehr Autopsien geben.

Auch die Zürcher Professorin Zsuzsanna Varga bedauert, dass so wenig obduziert werde. «Denn damit könnten wir wahrscheinlich helfen, Unsicherheit gegenüber der Impfung in der Bevölkerung abzubauen», sagt sie. Für eine Autopsie braucht es in den meisten Kantonen den Wunsch eines Arztes nach Untersuchung des Leichnams, vor allem aber die Zustimmung der Angehörigen. Es sei denn, ein Staatsanwalt ordnet sie an.

«Die Angehörigen sehen oft keinen Sinn in Obduktionen. Dabei sind sie sehr wichtig, um zu lernen, was jeweils den Tod verursacht hat.»

Zsuzsanna ­Varga, leitende Ärztin am Pathologie-Institut des Unispitals Zürich

Am Unispital Zürich seien bisher weniger als zehn Menschen obduziert worden, die nach einer Impfung verstorben seien. Genauere Angaben könne sie wegen der ärztlichen Schweigepflicht nicht machen, sagt Varga. «Die Angehörigen sehen oft keinen Sinn in Obduktionen. Dabei sind sie sehr wichtig, um zu lernen, was jeweils den Tod verursacht hat. Wir hätten die Kapazität, viel mehr Autopsien zu machen, als wir das im Moment tun.»

Was das für Erkenntnisse bringen kann, zeigte ein Team um Varga schon im April 2020. Mittels Autopsien konnte die Zürcher Pathologie weltweit zum ersten Mal beschreiben, dass Sars-CoV-2 keine reine Lungenkrankheit ist, sondern die Zellen auf der Innenseite von Blutgefässen befallen kann. «Im Unispital Zürich steht einer der modernsten und sichersten Autopsiesäle Europas», erklärt Varga. «Wir konnten deshalb Autopsien bei Verstorbenen mit Covid-19 durchführen, als sie anderswo noch verboten waren.»

Die Gefässveränderungen, die Varga damals feststellte, waren so drastisch wie sonst nur Abstossungsreaktionen von transplantierten Organen. Nach genau solchen Krankheitszeichen sucht sie auch bei Menschen, die nach einer Impfung verstarben. «Ich konnte bei ihnen aber nichts finden, was nach Covid-19 aussah.»

Bei den wenigen Patienten, die sie obduziert hat, konnte sie auch keine Entzündung des Herzmuskels entdecken, die häufigste gefährliche Nebenwirkung der mRNA-Impfstoffe. Anders Peter Schirmacher in Heidelberg, der bei fünf Todesfällen nach einer mRNA-Impfung einen Zusammenhang mit einer Herzmuskelentzündung hergestellt hat. 

«Es geht nicht um Impfen oder Nichtimpfen, sondern darum, das Impfen noch sicherer zu machen.» 

Peter Schirmacher, Chefpathologe Universität Heidelberg

«Das Durchschnittsalter der Verstorbenen lag bei 58 Jahren», sagt Schirmacher. «Aber ich leite daraus keine Ratschläge ab. Die Entscheidung, sich impfen zu lassen, sollte im Zweifelsfall individuell im Gespräch mit dem Arzt getroffen werden und ist für die meisten Menschen sinnvoll.» Er selbst sei auch geimpft. «Es geht nicht um Impfen oder Nichtimpfen, sondern darum, das Impfen noch sicherer zu machen.» 

Nur mit Hilfe möglichst vieler Obduktionen könne man herausfinden, ob bestimmte Gruppen besonders gefährdet seien und wie man etwaige Nebenwirkungen verhindern oder behandeln könne. Klar ist jedoch: Meist sterben Menschen, die kurz zuvor geimpft wurden, zwar mit, aber nicht wegen der Impfung.

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