Peregrinus Laziosi war rund 60 Jahre alt, als er Anfang des 14. Jahrhunderts an einem seiner Beine eine Schwellung beobachtete, die immer grösser wurde. Ein Knochentumor, wie Wissenschaftler heute vermuten. Durch Bakterien entzündete sich die Stelle zusätzlich und begann stark zu eitern. Eine Amputation schien der einzige Ausweg, doch als die Chirurgen kamen, hatte sich der Tumor bereits verkleinert und verschwand mit der Zeit ganz. Der Krebs kam nie mehr zurück, und Peregrinus starb erst im biblischen Alter von 85 Jahren. Noch heute gilt er als heiliger Schutzpatron der Krebskranken.
Doch wie glaubhaft sind solche Überlieferungen von Spontanheilungen? Ähnliche Schilderungen gibt es auch heutzutage viele. Nicht nur zu Krebs, sondern auch zu nahezu allen anderen Erkrankungen der Haut, der Psyche, des Herz-Kreislauf-Systems, des Skeletts, des Verdauungstrakts oder zu chronischen Leiden.
Meist beschreiben die Geheilten anekdotisch, wie sie die Erkrankung mit eisernem Willen, Gebeten oder Diäten niedergekämpft haben. Dafür mangelt es häufig an konkreten Angaben, die Medizinern eine korrekte Einschätzung erlauben, ob es tatsächlich eine Spontanheilung war und wie sie zustande kam. Oft werden in den Schilderungen wichtige Details wie frühere Behandlungen vergessen. Und wenn die Erkrankung nach Jahren wieder aufflammt, wird darüber fast nie berichtet.
«Manche Tumoren entwickeln dauernd neue Mutationen, manchmal wird der Tumor für das Immunsystem dadurch erkennbar und kann von ihm eliminiert werden.»
Thomas Cerny, Präsident Krebsforschung Schweiz
Auch wenn es die Schilderungen suggerieren: Eine Spontanheilung hat fast nie etwas mit einem Wunder zu tun. «Häufig ist es bei Krebs so, dass diese Menschen gar keinen bösartigen Tumor hatten, sondern nur eine Vorstufe, was niemals zu einer Erkrankung geführt hätte», sagt der Onkologe Beat Thürlimann vom Brustzentrum des Kantonsspitals St. Gallen. Und ob bei einer geschilderten Spontanheilung dann der Krebs tatsächlich geheilt wurde, nur weil er auf dem Röntgenbild oder im CT beim Screening nicht mehr zu sehen ist, sei ohne Biopsie gar nicht feststellbar.
Meist bleiben immer einige Krebszellen zurück, die später eine Erkrankung erneut aufflammen lassen können. Andere Krebsarten wie das Prostatakarzinom wachsen so langsam, dass viele im Alter eher an etwas anderem sterben. «Auch beim Brustkrebs-Screening verschwinden etwa 20 Prozent der positiven Befunde mit der Zeit, werden kleiner oder führen nie zur Krankheit», sagt Thürlimann.
Eine Spontanheilung, also eine totale Gesundung ohne Therapie, ist daher etwas sehr Seltenes, das fast nie schlüssig nachgewiesen werden kann. Vielmehr handelt es sich in den allermeisten Fällen um eine spontane Remission, das heisst, Krankheitssymptome gehen zurück oder ein Tumor schrumpft.
Der Mediziner Joshua Weiss von der McMaster-Universität in Hamilton, Kanada, sammelt Fälle für die weltweit grösste Datenbank für spontane Remissionen. Die Kategorie Spontanheilung kommt hier gar nicht vor. Weiss warnt davor, auf eine Therapie zu verzichten und auf eine spontane Rückbildung zu hoffen. Das wäre fatal. Seiner Schätzung nach kommen auf 100'000 Erkrankte nur etwa 10 bis 20 spontane Remissionen, wobei die Erkrankung jederzeit wieder aufflammen kann.
Trotz der geringen Zahl gut dokumentierter Fälle konnten Forscher über die Jahrzehnte ihre Schlüsse ziehen und sind sich einig, dass bei spontanen Heilungen oder Rückbildungen bei Krebs wohl immer das Immunsystem die zentrale Rolle gespielt hat.
- Mehr dazu: Was stärkt unser Immunsystem?
So liest sich in vielen Schilderungen wie bei Peregrinus, dass der Spontanheilung oder Remission eine grössere Infektion vorausgegangen war. «Solche Fälle der Tumorrückbildung nach schwereren Infekten habe ich mehrfach erlebt», sagt Thomas Cerny, Präsident der Krebsforschung Schweiz. Auch Brustkrebsspezialist Thürlimann sagt: «In der medizinischen Fachliteratur ist recht gut belegt, dass Patienten, bei denen die Krebsoperation eine schwere Infektion verursachte, eine bessere Prognose als erwartet haben.»
Der Grund: Am Anfang einer starken Infektion geht das Immunsystem ziemlich radikal gegen körperfremde Eiweisse vor und tötet dabei auch Krebszellen ab, die dem Immunsystem gewöhnlich häufig entgehen. Je nach Infektion und Tumortyp funktioniert das unterschiedlich gut – oder eben auch gar nicht.
Diesen Effekt, der möglicherweise auch Peregrinus das Leben gerettet hatte, nutzte der US-Knochenkrebschirurg William Coley von 1891 bis in die 1930er-Jahre am Memorial Hospital in New York. Dort spritzte er über 1000 Patienten Streptokokken-Bakterien direkt in deren inoperablen Knochentumor. Die damit ausgelöste Infektion liess bestimmte Tumoren in Knochen oder Muskelgewebe erfolgreich schrumpfen oder gar verschwinden.
Coley gilt als Begründer der Immuntherapie. Die moderne Forschung konzentriert sich darauf, mit neuen Medikamenten oder einer Impfung diese Vorgänge zu imitieren, allerdings ohne unerwünschte Nebenwirkungen und die Gefahren einer starken Infektion.
Vor allem bei Krebs gibt es noch eine Reihe anderer bekannter Mechanismen, die zu einer spontanen Remission führen können. «Manche Tumoren entwickeln dauernd neue Mutationen, manchmal wird der Tumor für das Immunsystem dadurch erkennbar und kann von ihm eliminiert werden», sagt Thomas Cerny. Bei einigen Leukämiearten reifen unreife Krebszellen noch zu normalen Zellen nach. Und manchmal schaffen es Tumoren einfach nicht, sich an die Blutversorgung des Körpers anzuschliessen, und sterben ab.
«Wenn man die Begleitkrankheiten behandelt, Stress reduziert oder Medikamente absetzt, bessern sich gewisse Hauterkrankungen wie Schuppenflechte oder Neurodermitis oft spontan.»
Bettina Schlagenhauff, Hautärztin
«In der Dermatologie sieht man spontane Verbesserungen am häufigsten bei immunologisch bedingten Erkrankungen wie Nesselfieber, Knötchenflechte und selten bei Hautlymphomen», sagt die Hautärztin Bettina Schlagenhauff vom Dermacenter in Küssnacht am Rigi. Auslöser einer Remission sind hier jedoch weniger Infektionen, sondern ein Zusammenspiel von Faktoren wie genetische Veranlagung, Alter, Geschlecht, Psyche, hormonelle Veränderungen oder Medikamente.
«Wenn man die Begleitkrankheiten behandelt, Stress reduziert oder Medikamente absetzt, bessern sich gewisse Hauterkrankungen wie Schuppenflechte oder Neurodermitis oft spontan», sagt Schlagenhauff. Auch Allergien und Asthma sind immunologische Vorgänge, die sich oft ohne klar erkennbaren Grund spontan bessern und wieder verschlechtern oder mit zunehmendem Alter ganz ausbleiben können.
Wieweit das Immunsystem und bestimmte Faktoren bei spontanen Verbesserungen anderer Erkrankungen beteiligt sind, bleibt wegen unzureichender Dokumentationen und weniger Fälle bislang eher Spekulation.
Entsprechend vage bleiben denn auch die Empfehlungen für Patienten, die bereits erkrankt sind, und Menschen, die sich vor einer Erkrankung schützen wollen. Weder positives Denken noch eine gezielte Stärkung des Immunsystems haben einen nachgewiesenen Erfolg. «Sicher aber ist es hilfreich, sein Immunsystem in guter Balance zu halten», sagt Beat Thürlimann. Dazu gehören: weniger Stress, soziale Kontakte, gesunde Ernährung und regelmässige Bewegung. «Das legt die Basis für die bestmögliche Prognose.»



3 Kommentare
Plörtzlich geheilt - was steckt dahinter? Dann wird uns eine uralte Geschichte aufgetischt, von der niemand eine Ahnung hat, wie sie sich tatsächlich zugetragen hat. Dann werden Expertenmeinungen zusammengetragen in einem PotPouri von Geschichten mit unter anderem gewissen Spontanheilungen und es wird uns eine vermeintlich "wissenschaftliche" Abhandlung geliefert, wie man Spontanheilungen zu verstehen hat und die Quintessenz vom Ganzen ist: Wunderheilungen gibt es nicht.
Alles ist wissenschaftlich erklärbar und wer an Wunder glaubt ist ein Aluhutträger oder sonstir Rückständiger!
Abwertung der Menschen, die tatsächlich Wunderheilungen erlebt haben! Ich habe Wunder erlebt und ICH BIN MEDIZINISCH AUSGEBILDET!
Ich bezahle mit meinen Abogebühren diese schriftstellerische Meisterleistung der Verdrehung, Manipulation und masslosen Überheblichkeit einer gott- und geistlosen Journalistenschaft.
Was fällt Euch jungen Schreiberlingen eigentlich ein, zu meinen Ihr könnt mit Eurem bisschen medizinischen Wissen, Fakten angemessen deuten? Und vor allem Wunder zu deuten respektive relativieren. Eure Botschaft: Wunder = Spontanheilung=medizinisch erklärbar. Alles andere Scharlatanerie.
So einfach ist das nicht:
Es gibt "Spontanheilungen", es gibt aber auch Wunderheilungen, die wissenschaftlich Wunder sind. Ein Wunder ist keine Spontanheilung sondern eine Wiederherstellung.
Ein zerbrochener Knochen, heilt von einer Minute zu anderen, die Zeit der Heilung durch Osteoklasten und Osteoplasten wird verkürzt. Wunderheilungen gehören in die Kategorie, wie wir sie von Jesus her kennen: der Wasser in Wein verwandelt hat.
Ihr könnt jetzt behaupten, dass diese Geschichte gelogen sei, aber dann haben sich alle Schreiber des Neuen Testamentes für eine Lüge verbrennen, häuten, zerteilen, kreuzigen und und den Löwen zum Frass vorwerfen lassen. Das ist nicht denkbar, kaum einer erleidet ein Martyrium Aufgrund einer Lüger. Vielleicht ein einzelner Verrückter, aber alle 11 Apostel wurden zu Tode gequält, genau wie ihr Meister.
Wenn ein Tumorgebilde von einem Durchmesser von 2cm bis Kohlkopfgrösse (z.B. Nierentumore) innerhalb von Minuten verschwindet, dann sprechen wir nicht von einer Spontanheilung, sonder einem Wunder! Ein Wunder setzt die Naturgesetze nicht ausser Kraft, es verkürzt aber die Heilungszeit. Von daher haben wir es nicht mit einer Spontanheilung zu tun, die immer im Rahmen einer Immun-Abwehr-Reaktion gedeutet werden muss.
Liebe Journalisten wie wollt Ihr uns ungebildeten Beobachterlesern die Lebraheilungen, die Blindenheilungen und die Totenauferweckungen des Neuen Testamentes und des Alten Testamentes erklären? Ja Ihr kommt mit Euren verworrenen theologischen Überlegungen daher, das sei doch alles übertrieben, oder erfunden! Aber wie oben erwähnt, keiner lässt sich häuten für eine Lüge.
Liebe Journalisten Ihr tätet gut daran, Euch zurück zu halten in der Berichterstattung und nicht Spontanheilungen und Wunderheilungen zu mischen. Auch Euer Deutungsrahmen sollte von Demut eingefasst sein.
Ihr nehmt medizinische Berichte zu Spontanheilungen, dann konstruiert Ihr einen Wunderbericht hinein, um zu beweisen wie klug Ihr doch seid und wie dumm doch die Wundergläubigen sind. Ah Ihr wollt uns dummen Wundergläubigen aufklären, vom finstersten Mittelalter in die moderene technokratische Zeit führen, die kalt und ohne Zauber ist. Aber vielleicht wollen wir Leser nicht aufgeklärt werden, also unterlasst gefälligst diese Versuche. Ihr könnt ganz einfach von so genannten Spontanheilungen berichten, aber unterlasst es bitte, hier Wunder Spontanheilungen gleichzusetzen. Wir brauchen Euch nämlich nicht, um uns die Welt zu erklären. Ihr dürft Eure Gottlosigkeit, Euren materialistischen Aberglauben für Euch selber behalten, aber verschont uns Leser von Eurer "Weisheit von unten".
Dieser Journalismus scheint heute gang und gäbe - mir scheint es so: Schon bei Corona gibt es eine faktenresistente Berichterstattung, Hauptsache das Narrativ stimmt:
Das Narrativ: "es gibt keinen Gott" muss stimmen, egal was die Fakten sagen. Ihr faktenresistenten Zauberlehrlinge der Manipulation, wenn Ihr Berichte über Wunder verfasst, dann solltet Ihr objektiv berichten und zur Obejektivität gehört ein Mass an Bescheidenheit, Zurückhaltung, Lernbereitschaft und eine Einstellung wie Sokrates sie hatte: Ich weiss, dass ich nichts weiss.
Liebe Grace4u
Wow, was für eine geniale Antwort auf besagten Text, Bravo !! Ich stehe aus fester Überzeugung absolut hinter Ihren Aussagen und kann Ihr Statement aus eigener Erfahrung absolut bestätigen.
Ich verstehe nicht, was sie uns mitteilen möchten.