Der Rat des Medgate-Ärzteteams: Die Pubertät ist eine Zeit voller Emotionen. Die Entwicklung der geschlechtsspezifischen Sexualorgane und damit der eigenen Identität als Mann oder Frau sind zentrale, allerdings nicht immer offen diskutierte Themen. In dieses bewegte und oft labile Dasein bricht nun bei Lukas unerwartet ein Phänomen ein, das in der medizinischen Fachsprache als Gynäkomastie bezeichnet wird: die Vergrösserung der männlichen Brustdrüse.

Während der Pubertät entwickeln 40 bis 60 Prozent aller Knaben eine Gynäkomastie. Die Vergrösserung der Brust kann mehr oder weniger stark sein, beträgt aber selten über vier Zentimeter im Durchmesser. Hingegen kann die eine Brustdrüse stärker wachsen als die andere.


Eine Gynäkomastie während der Pubertät ist harmlos und verschwindet bei 90 Prozent der Betroffenen innerhalb von zwei bis drei Jahren ohne jegliche Behandlung. Auch bei Neugeborenen ist gelegentlich eine vorübergehende Gynäkomastie zu beobachten. Diese kann durch die weiblichen Hormone der Mutter entstehen, die während der Schwangerschaft über die Plazenta auf das Kind übertragen werden.


Das Gewebe der Brustdrüse ist bei Mädchen und Knaben identisch angelegt und reagiert in gleicher Weise auf hormonelle Einflüsse. Die Ursache für eine Gynäkomastie bei Knaben während der Pubertät liegt in einem Ungleichgewicht dieser Hormone: Die Östrogene lassen die Brustdrüse wachsen, das Testosteron wirkt dem entgegen. Dieser Vorgang hat keinerlei krankhaften Charakter.


Eine Vergrösserung der Brustdrüse während der Pubertät bedeutet für den betroffenen Jugendlichen häufig eine erhebliche seelische Belastung. Die eigene Verunsicherung wird oft durch Hänseleien oder andere negative Reaktionen der Kollegen und Kolleginnen verschlimmert. Deshalb verstecken viele Betroffene die ungeliebte Körperveränderung unter weiter Kleidung und ziehen selbst beim Schwimmen das T-Shirt nicht aus.


Die erste und wichtigste Massnahme besteht darin, mit den Jugendlichen offen darüber zu reden. Auf diese Weise lassen sich Angst und Hemmungen am ehesten auffangen. Eine krankhafte Ursache der Gynäkomastie in der Pubertät ist selten. Bekannt ist sie unter anderem bei Kindern, die vom so genannten Klinefelter-Syndrom betroffen sind: Wegen eines Gendefekts haben sie ein zusätzliches weibliches Geschlechtschromosom.


Zu beachten ist auch, dass diverse Medikamente ein Wachstum der Brustdrüse bewirken können, zum Beispiel die anabolen Steroide (Anabolika), die als Dopingmittel weit verbreitet sind auch bei Nicht-Spitzensportlern.

Da Lukas keine solchen Mittel einnimmt und auch sonst kerngesund scheint, dürften sich seine Brustdrüsen wieder zurückbilden. Allerdings wird er Geduld brauchen und den Mut, mit seinen Kollegen und Kolleginnen offen darüber zu reden, falls sie ihn darauf ansprechen.