...und täglich stresst mich mein Partner
Was tun, wenn der Partner nervt? Ihn ändern zu wollen, ist der falsche Weg. Eher helfen Gelassenheit und eine Prise Pragmatismus.
aktualisiert am 6. April 2022 - 13:20 Uhr
Frage von Lily G.: «Mein Mann macht mich wahnsinnig. Seit Jahren gibt es jeden Morgen Stress, bis er alle seine Sachen beisammen hat und endlich das Haus verlässt. Was kann man da tun?»
Nörgeln , appellieren, Vorträge halten, lamentieren, anklagen, Ratgeberbücher schenken, gekränkt sein und vieles mehr wird getan, wenn man verzweifelt am nervigen Verhalten des Partners. Nur: das nützt alles wenig. Im Gegenteil, es wird zur Belastung für die Beziehung.
Ein Verhaltensmuster nachhaltig zu verändern ist sehr schwer. Vor allem wenn es dem Wesen und Temperament entspricht und seit Kindheit existiert. Wenn jemand ein neues Verhalten etablieren will, braucht es sehr viel mehr als einen Silvestervorsatz.
Bei Ihnen kommt erschwerend hinzu: Sie wollen, dass er sich ändert. Darf ich ehrlich sein? Da haben Sie ganz schlechte Karten. In einer Liebesbeziehung gibt es neben der existenziellen Ebene (Mögen wir uns? Tun wir uns grundsätzlich gut? Sind wir bei zentralen Lebensthemen kompatibel?) jede Menge Alltag. Wenn die erste verklärte Phase vorbei ist und die verzauberte Stimmung schwindet, gilt es zu klären, wie wir in diesem Alltag miteinander umgehen. Wie handhaben wir unsere Unterschiede in Bezug auf Vorlieben, Temperament und Haushaltsführung?
Wer kennt die Reizthemen nicht: die offen gelassene Zahnpastatube, die verlegten Schlüssel, Zuspätkommen, die laute Lache, dass der andere meine Sätze beendet, weil ich langsamer rede, und so weiter und so fort.
Sagen wir nun: Ärmel hoch und ihn oder sie verändern? Penetrant, wortgewaltig, emotionsgeladen? Oder hartnäckig und ausdauernd? «Das kann doch nicht so schwer sein, das ist doch nicht zu viel verlangt…» – «Ich geb mir solche Mühe, und du…» – «Immer hast du…, nie tust du…»
Hier entstehen, wenn man nicht aufpasst, Endlosschleifen von Erwartung und Enttäuschung, Vorwurf und Rechtfertigung. Bis einer weint. Dann: Entschuldigung , Scham- und Schuldgefühl, Gelübde und Hoffnung. Aber: keine Veränderung in der Sache. Solche immer gleichen Versuche rauben Kraft und Nerven und, was sehr traurig ist: die Zuneigung.
«Sie haben damals Ja gesagt zu dem Menschen, der Ihnen nun vermeintlich immer wieder das Leben erschwert.»
Christine Harzheim, Psychologin FSP
Wenn Sie eine Beziehung möchten, die lange währt und die bis zum Schluss mehr gibt, als sie braucht, die nährt und wärmt und Spass macht , dann steigen Sie aus dieser Spirale aus. Übernehmen Sie Verantwortung und entscheiden Sie sich. Sie haben damals Ja gesagt zu dem Menschen (und zwar dem ganzen), der Ihnen nun vermeintlich immer wieder das Leben erschwert.
Natürlich müssen Sie nicht alles hinnehmen, was der andere bietet. Aber wenn etwas zum nervenaufreibenden Dauerthema wird, realisieren Sie, dass diese Eigenschaft wohl zum Partner gehört und nicht zu ändern ist.
Wenn mein Partner also so ist (so chaotisch, vergesslich, hektisch…) und bleibt – will ich ihn dann noch? Kann ich damit leben, dass er es nicht ändern kann oder will? Oder will ich eigentlich jemand anderen und ziehe einen Schlussstrich (was auch legitim ist)?
Wenn ich mich nun für ihn entscheide, muss ich damit aufhören, ihn verändern zu wollen. Ändern kann ich nur meine Einstellung im Sinne von: Diese Eigenschaft gehört zu ihm. Sie nervt mich und fordert mich heraus, und ich werde versuchen, einen Weg zu finden, so damit umzugehen, dass es uns nicht entzweit.
So kann ich mich zum Beispiel bewusst zurückziehen während der Viertelstunde, in der mein Mann am Morgen turbomässig durchs Haus chaotet, Schlüssel sucht, flucht, Lesebrille sucht, betet, dreimal geht und «Tschüss!» ruft, dreimal wiederkommt und schliesslich ohne Gruss die Haustür zudonnert. So what?
Oder ich handle pragmatisch und habe immer fünf Ersatzschlüssel, zehn Lesebrillen und ein Lächeln parat, ähnlich den Helfern am Rand eines Langstreckenlaufs. Ganz nach Vorliebe und Möglichkeit.
Was solchen Vorgehensweisen gemein ist: Sie integrieren den Wahnsinn, den das Leben so mit sich bringt. Sie orientieren sich nicht an einer Hochglanzversion von Beziehung, sondern akzeptieren Mängel als normalen Bestandteil des Menschseins. Milde, Gelassenheit und Humor reduzieren den Stress ungemein und führen dadurch im Zweifel zu weniger Chaos.
16 Kommentare
An den Verleger: Warum es nicht einmal mit der Überschrift "Und täglich stresst die Partnerin" probieren? In den anderen Artikeln gendern Sie auch bedacht.
OMG. Ich hab nur den Titel gelesen selbstverständlich. Also noch männerfeindlicher und erbärmlicher geht es ja wohl absolut nicht!!!!!!!!!!!!!!! DU bist die die nervt ohne Ende und das weisst du gaaanz genau!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Und mit Liebe hat das absolut nichts zu tun!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Ich bleibe auf jeden Fall single, es haben ja alle vollkommen den Verstand verloren heutzutage!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Nur noch der absolute puuuuure Narzissmus und Gegenteiligkeit absolut immer und absolut überall!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Uiuiui, viele Ausrufezeichen, viel Wut?Beziehungen können sehr schön sein, mit dem manchmal dringend nötigen Abstand und ganz wichtig,Humor, kanns gelingen, meine Erfahrung jedenfalls.
Gruß an casi,
natürlich, so ist das normalerweise.
Jedoch in meinem Fall, gibt es da erhebliche Probleme, welche mir das einfache Verlassen sehr schwer machen.
Was soll man machen, wenn man keine neue Wohnung findet, keine Verwandtschaft oder Freunde hat - weil man die nicht haben darf, oder wegen Krankheit und Covid19 nicht gehen kann.
Würde gerne wissen, wie das gehen soll?
Hey spontan, das ist genau auch mein Problem: und für mich habe ich beschlossen, solange und so harmonisch wie möglich auszuhalten. Schadensbegrenzung. Es bringt ja nichts, wenn ich jeden Tag streite.
Das mit der Wohnung ist bei mir nämlich auch ein Problem, zur Familie namens Eltern ginge sowieso nicht, "Freunde" sind auch keine Unterbringungsmöglichkeit für mich. Demnach: Aushalten und sich so wenig wahnsinnig wie möglich machen.
Ist nur ein kleiner Trost, aber du bist nicht allein. :-(
Ein Beziehungsbeginn, ist meist viel einfacher, als ein notwendiger Ausstieg aus einer jahrelangen, schwierigen Beziehung.
Und trotz allem Ungemach, ist der Ausstieg der einzige Weg für einen Neuanfang.
Erfahrungen, welche ein paar Jahre dauerte....der immense Aufwand sich schlussendlich gelohnt hat, um wieder frei zu atmen, zu leben, auch wenn dies Verzicht, Verlust bedeutet, bedeutete.
Echte Freunde lernt man dabei kennen, oder man verabschiedet sich von solchen....
Solange man selbst in einer Opferrolle steckt wird's schwierig, da raus zu kommen, dann sieht man vorallem die Hindernisse. Vielleicht helfen hier Beratungsangebote, um sich selbst über die eigene Situation klar zu werden und Handlungsmöglichkeiten zu entdecken. (Familienberatung,Mediation etc.)Ganz grundlegend muss aber geklärt werden, ob der Partner noch der Richtige ist. Eine Beziehung muss das Leben verschönern, nicht erschwerden.
Es bleibt jedem Menschen überlassen, sich von einem andern Menschen zu trennen!