Versuchen Sie, die Pedanterie Ihres Mannes zu akzeptieren und sich gleichzeitig von ihr abzugrenzen. Er kann nur ein sicheres Lebensgefühl haben, wenn er seine Umwelt unter Kontrolle hat. Definieren Sie aber Bereiche, in denen Sie allein zuständig sind, und bitten Sie ihn, sich aus diesen herauszuhalten. Wenn Sie Verständnis für sein grosses Kontrollbedürfnis zeigen, ohne dieses zu verurteilen, wird er sicher bereit sein, auf diesen Wunsch einzugehen.

Zwangshandlungen können seelische Stabilität stützen
Zwanghaftigkeit kann eine seelische Störung sein. In schlimmen Fällen müssen sich die Betroffenen beispielsweise unablässig die Hände waschen, auch wenn sie dabei ihre Haut schädigen. Vergleichsweise harmlos ist es, wenn jemand keine Brosamen auf dem Tisch erträgt oder bestimmte Tätigkeiten immer in derselben Art durchführen muss, etwa das Tischtuch genau sieben Mal ausschütteln.

Hinter Zwängen verbirgt sich eine Angst; die Zwangshandlung bindet die Angst und ist deshalb für die seelische Stabilität absolut notwendig. Würde die betroffene Person die Kontrolle verlieren oder könnte sie ihr Ritual nicht einhalten, würde sie von Panik erfasst. Eine Heilung ist möglich, indem die leidende Person ihre Gefühle kennen lernt und dadurch ein stärkeres Selbstbewusstsein entwickelt.

Im Prinzip ist das Bedürfnis nach Kontrolle aber nicht krankhaft. Laut Psychoanalytiker Fritz Riemann (siehe Buchtipp) wird unser Charakter von vier Dimensionen geprägt:

  • sich nie und nirgends festlegen wollen;
  • alles kontrollieren wollen;
  • das Bedürfnis nach menschlicher Nähe;
  • das Bedürfnis, allein zu sein.

Zu viel Nähe kann dazu führen, dass sich jemand krampfhaft an den anderen klammert; zu viel Distanz kann kalt und egozentrisch wirken. Menschen, die sich nie festlegen wollen, werden oft als unzuverlässig und unberechenbar wahrgenommen; bei einem übersteigerten Kontrollbedürfnis können Probleme entstehen.

Da es in der Liebe nicht nur «Gleich und gleich gesellt sich gern» heisst, sondern auch «Gegensätze ziehen sich an», treffen oft Partner aufeinander, die konträre Tendenzen verkörpern und sich gerade deshalb so faszinierend finden. Polarisieren sich die Haltungen aber zusehends, kann dies mit der Zeit zum Problem werden. Den anderen ändern zu wollen ist keine Lösung. Vielmehr braucht es gegenseitiges Verständnis und Toleranz. Dann sind verschiedene Charaktertypen eine Bereicherung der Beziehung.

Buchtipp
Fritz Riemann: «Grundformen der Angst»; Reinhardt-Verlag, 2003, Fr. 25.80