Das Kreuz mit dem Kreuz
Ist es fair, auf China-Ware ein Schweizer Kreuz zu kleben? Zumindest verhindert es nicht, dass die Firma Victorinox für den Fairness-Preis nominiert wird.
Veröffentlicht am 14. April 2009 - 08:15 Uhr
Der Fairness-Preis, lanciert 2008 vom Direktversicherer Smile direct, soll Unternehmen auszeichnen, die fair handeln. Schon letztes Jahr gab es Misstöne: Unter den Finalisten war ausgerechnet die Inkassofirma Intrum Justitia – bekannt für ihr unzimperliches Vorgehen auch gegen Unbescholtene. Jurypräsident Kurt Aeschbacher gelobte Besserung.
Nun tritt die Jury erneut ins Fettnäpfchen. Sie schlägt unter anderen Victorinox für den Preis vor. Die Firma aus Ibach SZ ist bekannt für die in der Schweiz produzierten Taschenmesser, bietet aber auch Produkte an, die in Asien hergestellt werden: Koffer, Taschen, Freizeitkleider – alle versehen mit dem Victorinox-Emblem, dem Schweizer Kreuz auf einem Schild. Zu Unrecht, findet das Institut für Geistiges Eigentum (IGE) in Bern: Das Wappenschutzgesetz verbietet, Waren in Umlauf zu bringen, die das Schweizer Wappen oder damit verwechselbare Zeichen tragen. Laut Markenschutzgesetz dürfen Kunden auch nicht über die wahre Herkunft von Produkten getäuscht werden. Beides tut die Firma aber laut IGE: Das Wappen gilt als geographische Herkunftsangabe. «Victorinox handelt illegal», so Felix Addor, stellvertretender IGE-Direktor.
Über die Nominierung ärgert sich insbesondere Trybol-Chef Thomas Minder. Der Kämpfer gegen den Missbrauch der «Marke Schweiz» hatte 2008 gegen Victorinox Strafanzeige eingereicht. Doch die Schwyzer Behörden erachteten ihn als nicht klageberechtigt – obwohl es um ein Offizialdelikt geht. «Bei dieser Ware wird nicht ein Prozent der Wertschöpfung in der Schweiz erzielt», schimpft Minder.
«Victorinox konnte die Vorwürfe uns gegenüber widerlegen», sagt Daniel Briel, Projektleiter des Fairness-Preises. Zudem stehe beim diesjährigen Preis die Fairness gegenüber Mitarbeitenden im Zentrum. «Victorinox hat die Jury mit einer zukunftsweisenden Personalpolitik überzeugt.» Auch für den Victorinox-Geschäftsführer Carl Elsener ist der Fall klar: Das Firmenlogo sei kein Schweizer Wappen, sondern ein in über 130 Ländern geschütztes Zeichen. «Die in Asien hergestellten Produkte tragen eine Herkunftsbezeichnung.» Das Logo werde auch nicht mit dem Wappen verwechselt. «Es unterscheidet sich durch die Querverbindungen zwischen Schild und Kreuz.»
Präzisierung
(5.4.2011) Die Taschenmesser von Victorinox werden in der Schweiz produziert.
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