Medien sind vor allem auf eins aus: News. Alles muss neu sein, denn Altes will niemand lesen. Und schon gar keine Wiederholungen. Darum steht in der Zeitung auch nichts von «Immer noch Hunger auf der Welt», «Immer noch beutet ein Prozent der Menschheit die restlichen 99 Prozent aus», oder noch schlimmer: «Immer noch ist Sepp Blatter Fifa-Präsident». Das Prinzip IMMER NOCH ist fatal für Medien, denn damit holen sie niemanden hinter der Zentralheizung hervor.

Ebensowenig Erfolg verspricht das Prinzip IMMER WIEDER. «Immer wieder Unfälle», «Immer wieder Regen», «Immer wieder Sonntag» – auch das will leider kein Schwein lesen.

Irgendwann haben die Medien dann aber ein todsicheres Prinzip gefunden: IMMER MEHR. Und damit war – hurra! – der Trendjournalismus geboren, und IMMER MEHR Medien folgten ihm.

Der Trendjournalismus eröffnet der Branche ungeahnte Möglichkeiten. Da erzählt zum Beispiel ein Redaktor in der Kaffeepause: «Ein Freund von mir hat in seiner Stadtwohnung jetzt neben dem Balkonkistli mit Küchenkräutern auch eins mit Cocktail-Tomätchen.»

Es dauert eine Weile, bis die Kollegen begreifen. Dann schreien sie unter hysterischen Zuckungen: «ein Trend, ein Trend!» Und am nächsten Tag steht in der Zeitung: «Urban Gardening: IMMER MEHR Städter pflanzen Gemüse an.»

Inzwischen wurde im urbanen Umfeld auch ein Huhn gesichtet – damit stand einer ausgedehnten Berichterstattung über Urban Farming nichts mehr im Weg.

Blähungen aus dem Internet

Nun kann es nicht mehr lange dauern, bis ein Städter mit roten Socken einem Journalisten ins Auge sticht. Wir dürfen uns auf erhellende Texte zum Thema Urban Hiking freuen. Und wer beim Stadtwandern den Spatzen zusieht, betreibt selbstverständlich Urban Birdwatching.

Allerdings: Der mit den roten Socken könnte auch einfach ein Hipster sein, einer jener jungen Männer in Vollbart und Holzfällerhemd. Ihn gibt es laut Medien inzwischen auch als «Zigeuner-» (Gypster) und als muslimische Variante (Mipster). Aber anscheinend auch IMMER MEHR in seiner rechtsextremen Spielart: als Nipster, der sich zwar wie ein Hipster kleide, innerlich aber ein Neonazi sei.

Besonders hervorgetan in dieser Art des Trendjournalismus haben sich die Gratiszeitungen: Immer wenn aus den Untiefen des Internets eine Blähung aufsteigt, schlägt das Pendel der Pendlerzeitungen weit aus, und es wird eifrig in die Tasten gehauen, egal, ob es um Ice Bucket Challenge oder Nackt-Selfies geht.

So wird etwa der spornosexuelle Mann ausgerufen: «Er möchte aussehen wie eine Mischung aus Sportler und Pornostar.» Oder gar der gastrosexuelle Mann – früher nannte man ihn Hobbykoch.

Es lässt sich hier ein Trend ausmachen: Journalisten sind zunehmend nanosexuell. IMMER MEHR finden Befriedigung darin, Nichtigkeiten in die Welt zu posaunen. Ich möchte eine trendige Bezeichnung für sie vorschlagen: Nixster.