Die Packungen sehen toll aus, «aamächelig» und zugleich ein wenig hipstermässig mit einem Touch Umweltbewusstsein. «Fruchtpapier» steht drauf, «Snacken und retten» und «Jede Frucht ist schön». Werden da womöglich ästhetisch minderbegabte Früchte vor der Mülltonne gerettet? Dass so ein Säckli Fr. 5.80 kostet, tut nur im ersten Moment ein bisschen weh, die Neugier siegt. Und hey! Wer wird denn im ehrenvollen Kampf gegen Foodwaste schon aufs Geld schauen? 

Über 400 Gramm Obst seien in jeder Tüte Fruchtpapier enthalten, steht auf der Packung. Gemäss Hersteller besteht der Snack aus «geretteten Äpfeln», die kleine Macken haben und darum nie in den Detailhandel kämen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Kein monetär getriebener Hersteller, der bei Sinnen ist, verarbeitet makellose und damit teure Früchte, wenn sie eh zerkleinert werden.

Über die Hälfte des Fruchtpapiers besteht aus Äpfeln, der Rest aus Mango, Ananas oder Erdbeere. In Deutschland, wo der Hersteller Dörrwerk das Esspapier produziert, kosten Äpfel der zweiten Wahl selbst in Bio-Qualität für den Endverbraucher rund zwei Euro das Kilo. Ein Bio-Label hat das Dörrwerk-Erzeugnis nicht.

Eine teure Süssigkeit

Wer sich die Mühe macht, den Kilopreis des Snacks auszurechnen – es sind gerade mal 40 Gramm in einer Packung –, dem bleibt das Papier fast im Hals stecken. 145 Franken verlangt Migros für das Produkt, das sie in verschiedenen Zürcher Filialen anbietet. Dafür gibt es beim Delikatessenhändler zum Beispiel:

  • ein Kilo spanischen Rohschinken von mit Eicheln gefütterten Schweinen
  • zwei Hummer
  • sieben Deziliter Öl mit echtem weissem Trüffel
  • 300 Gramm Kopi Luwak. (Das ist jener Kaffee, der eine indonesische Schleichkatzenart von vorne nach hinten durchlaufen hat und unterwegs fermentierte...)

Dass das importierte Naschwerk direkt beim Erzeuger in Deutschland fast nur die Hälfte kostet, macht es nicht besser. Den Preis begründet Migros Zürich auf Anfrage so: «Da es sich bei diesem Fruchtpapier um ein Premium-Produkt handelt, wird dieses allgemein nicht in 1000-Gramm-Mengen angeboten.»

Schmeckt es denn vielleicht? Das Fruchtpapier ist hauchdünn und knusprig, so weit, so gut. Allerdings hat sich das Aussehen auf den Geschmack übertragen. Papieren – mit einem hohen Säureanteil – trifft es am besten. 

Ist das Fruchtpapier denn wenigstens gesund? Mit einem Zuckeranteil von bis zu 80 Prozent darf diese Frage getrost mit Nein beantwortet werden. Etwas gesünder und massiv billiger sind zum Beispiel die getrockneten Bio-Max-Havelaar-Mangoschnitze, ebenfalls von Migros. Sie enthalten nur 65 Prozent Zucker und kosten gerade mal 32 Franken pro Kilo.

«Für dumm verkauft»

Etikettenschwindel, falsche Preisangaben, haarsträubende Werbung oder sonst ein Reinfall: Für Ärger von Konsumentinnen und Konsumenten ist leider nur allzu häufig gesorgt. Auch Beobachter-Redaktorinnen und -Redaktoren fühlen sich öfters für dumm verkauft. Was sie dabei erleben, lesen Sie unter dieser Rubrik.

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