Es war eine «Milchbüchlein-Rechnung», die nicht aufgehen konnte: Das gelieferte Heizöl und der Rest im Tank ergaben 8200 Liter Heizöl; der Lieferant hatte die Zahlen fein säuberlich im Tankkontrollheft notiert. Dumm nur, dass der Stahltank im Haus von Monika Meier (Name geändert) lediglich 8000 Liter fasst, also eigentlich hätte überlaufen sollen. Das tat er nicht – und da blieb der Zürcherin nur eine Vermutung: «Die effektive Liefermenge muss kleiner gewesen sein.»

Sie reklamierte beim Lieferanten, doch dieser hatte kein Musikgehör für die kritischen Fragen der Kundin. Monika Meier fühlte sich betrogen und wandte sich schliesslich an den zuständigen Eichmeister. Doch wie alle anderen Fachleute erklärte auch der, dass sich im Nachhinein kaum mehr herausfinden lasse, was bei der Lieferung tatsächlich falsch gelaufen war.

In Deutschland wäre Meier wohl auf mehr Aufmerksamkeit gestossen. Denn dort finden Eichbeamte nicht selten Heizöllieferanten, die ihre Kunden betrügen: Auf mindestens zehn Prozent schätzt Arnold Beumker vom Landesbetrieb Mess- und Eichwesen Nordrhein-Westfalen den Anteil jener, die beim Liefern schummeln. «Wenn wertvolle Waren an den Endkunden verkauft werden, ist die Versuchung immer gross, zu betrügen», sagt Beumker. Dabei gehen die Scharlatane raffiniert vor: Sie lassen Heizöl statt in den Tank in einem geschlossenen System durch den Zähler fliessen oder lassen Luft statt Öl durchs Zählwerk laufen. Beliebt sind auch gefälschte Lieferscheine, auf denen zu viel Brennstoff verrechnet wird. Bei einer gross angelegten Kontrolle vor einem Jahr entdeckten die deutschen Beamten bei jedem zehnten Öllastwagen Manipulationen, die darauf angelegt waren, Kunden zu betrügen.

Die Schweiz weiss von nichts
Und in der Schweiz? «Unsere Brennstoffhändler haben ein hohes Qualitätsbewusstsein. Es gibt keine Betrugsfälle, wie sie in Deutschland aufgedeckt wurden», behauptet Kurt Rüegg, Geschäftsführer des Branchenverbands Swissoil. Henri Baumann vom Bundesamt für Metrologie doppelt nach: Ihm seien keine Fälle von Betrug mit Heizöl von Tanklastwagen bekannt. Das Bundesamt beaufsichtigt die kantonalen Eichämter, die für den Vollzug der Kontrolle zuständig sind.

Dass hierzulande keine Fälle bekannt sind, heisst nicht, dass es sie nicht gibt – zumal die Voraussetzungen für Mauscheleien gar nicht so schlecht wären, denn im Gegensatz zu Deutschland werden in der Schweiz die Lieferwagen kaum je auf der Strasse kontrolliert. Tanklastwagenbesitzer müssen nur einmal jährlich zur Inspektion. Unter der Aufsicht und Verantwortung eines Eichbeamten überprüfen vom Bund zugelassene Firmen die einzelnen Bestandteile der Messanlage. Danach wird das Messgerät zwar plombiert, doch selbst für Henri Baumann vom Bundesamt für Metrologie ist klar: «Was zwischen diesen Kontrollen passiert, lässt sich kaum überprüfen.»

Misstrauischen Kunden bleibt nur, vor der Lieferung den Tankinhalt mit einem Messstab exakt zu bestimmen und nach der Lieferung nachzumessen. Am besten vor Betrug schützen kann sich, wer vor Ort ist, wenn der Brennstoff angeliefert wird (siehe «Sechs Möglichkeiten zur besseren Kontrolle»). «Ich staune immer wieder, wie viele Hausbesitzer bei Getränkelieferungen jede Flasche nachzählen, vor der Lieferung von Öl hingegen nicht einmal wissen, wie viel sie noch im Tank haben», sagt Ansgar Gmür vom Hauseigentümerverband.

Vertrauen in den Verwalter
Kaum eine Möglichkeit zur Kontrolle haben Mieterinnen und Mieter. Ihnen bleibt nichts anderes, als darauf zu vertrauen, dass ihr Verwalter die Lieferung gewissenhaft kontrolliert, obwohl er den Brennstoff nicht selbst bezahlen muss, sondern auf die Mieterschaft überwälzen kann.

Monika Meier informierte schliesslich die staatlichen Aufsichtsorgane über ihren Verdacht, betrogen worden zu sein. Die Kontrolleure fanden keine Beweise. Allerdings war die Eichfrist für den Lastwagen, der das Heizöl zu Meiers brachte, schon vor Monaten abgelaufen – die Firma hatte sich mit der Lieferung von Heizöl mit einem nicht geeichten Fahrzeug strafbar gemacht. Das hielt den Lieferanten nicht davon ab, Monika Meier zu schreiben: «Der Lieferschein spricht absolut zugunsten des Chauffeurs und unserer Firma.»

Sechs Möglichkeiten zur besseren Kontrolle

  • Die Messuhren an den Tanks sind meist sehr ungenau. Ermitteln Sie den Tankinhalt deshalb mit einem Mess- oder Peilstab.
  • Seien Sie bei der Lieferung vor Ort. Messen Sie zusammen mit dem Lieferanten den Anfangsbestand und bleiben Sie die ganze Zeit beim Lastwagen.
  • Achten Sie beim Tankwagen darauf, dass der Zähler auf null gestellt ist. Die Schaugläser müssen im unteren Drittel immer mit Öl gefüllt sein. Achtung: Schmutzlappen vor den Gläsern sind ein Alarmzeichen.
  • Prüfen Sie, ob der Zählerstand nach der Lieferung mit der Quittung übereinstimmt.
  • Falls Sie das Gefühl haben, betrogen worden zu sein, wenden Sie sich an den zuständigen Eichmeister (nachfragen auf der Gemeindeverwaltung).
  • Als Mieterin oder Mieter können Sie nur eines tun: Ihre Verwaltung auffordern, die Heizöllieferung exakt zu kontrollieren.