Von Hinwil ZH nach Andiast GR sind es 134 Kilometer. Der Geschäftsführer der KFT AG stand trotzdem schon kurz nach dem ersten Kontakt persönlich vor der Haustür der Familie Capaul im Bündnerland. 

Auf 1178 Metern über Meer blickt man über die Surselva zum Piz Mundaun. Der Wind zieht unbarmherzig durch alte Fenster. Deswegen war er da, der Mann von der Fensterfirma in Hinwil. Bemüht und kompetent wirkte er. Familie Capaul war beruhigt. Denn lieber hätten sie die Fenster bei einem regionalen Anbieter bestellt. Einem, den man kennt. Doch viele meldeten mangelnde Kapazität, damals im Frühling 2021. Und der Wind zog.

Der Mann von der KFT sagte: Bei Vorauszahlung würden sie alle bestellten Fenster und auch die geplanten neuen Türen schnellstmöglich produzieren, natürlich in der Schweiz. Und zusätzlich gebe es zehn Prozent auf den vereinbarten Preis. Also überwies Familie Capaul 11'402 Franken und 95 Rappen. Und wartete.

«Eine Vorauszahlung bedeutet immer einen Vertrauensvorschuss», sagt Beobachter-Expertin Katharina Siegrist. Wer bösen Überraschungen vorbeugen möchte, solle beim Betreibungsamt das Register einsehen.

Als der Montagetermin im August ohne Rückmeldung verstrich, schrieb Familie Capaul ihre erste Mail. Ein fehlender PCR-Test mache ihm gerade einen Strich durch die Rechnung, schrieb der Mann von der KFT aus seinen Ferien. Er melde sich wieder. Familie Capaul wartete. Der Lieferant mache Schwierigkeiten, schrieb er. Dann brach der Kontakt ab. Familie Capaul wartete. Und leitete im September die Betreibung ein.

Capauls auf Position 59 des Betreibungsauszugs

Ihren Auftrag fand Familie Capaul dann tatsächlich auf Position 59 des fünf Seiten langen Betreibungsauszugs, den sie erhielt. Andere Gläubiger waren etwa die Suva, die Steuerverwaltung oder die Axa. Die Familie verlangte ihre Fr. 11'402.95 mit einem anwaltlichen Schreiben zurück. Doch der höfliche Geschäftsführer der KFT blieb still.

Ein Brief ging auch an den Unternehmer Johann Widmer, SVP-Gemeinderat der Stadt Zürich und zu der Zeit alleiniger Verwaltungsrat der KFT AG. Widmer schrieb der Familie eine nette Mail – er werde umgehend versuchen, eine Lösung zu finden. Fünf Monate sind seither vergangen. Familie Capaul wartet noch immer.

Auf Nachfrage des Beobachters schreibt Johann Widmer, dass die KFT während der Pandemie in Schieflage geraten sei, in Zukunft aber weiterhin erfolgreich am Markt tätig sein werde. Der Fall der Familie Capaul sei hängig.

Wenige Tage nach diesem Schreiben sind Johann Widmer und besagter Geschäftsführer aus der KFT AG ausgetreten. Die Website ist nicht mehr erreichbar. Und durch die alten Fenster in Andiast bläst weiter der Wind.

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