Bei Viagogo liege kein Verhalten vor, das täuschend sei oder sonst gegen Treu und Glauben verstosse, urteilte das Bundesgericht kürzlich. Das Angebot künstlich zu verknappen, sei ein branchenüblicher Trick und keine aggressive Verkaufsmethode.

Mit einem Countdown wird Kunden suggeriert, dass nur noch wenige Minuten blieben, bis das Ticket anderweitig verkauft sei. Das Bundesgericht stellt sich mit seinem Entscheid hinter das Zürcher Handelsgericht, das im März 2020 eine Klage des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) abgewiesen hatte.

Bei seiner Klage gegen Viagogo mit Sitz in Genf stützte sich das Seco auf über 1300 Kundenbeschwerden. Es warf Viagogo vor, Konsumenten in die Irre zu führen und die tatsächlichen Preise nicht klar zu deklarieren. Wegen exorbitanter, aber schlecht ersichtlicher Zusatzkosten bezahlten Kunden oft ein Vielfaches des ursprünglichen Preises.

Kritik am Urteil 

Bei der Stiftung für Konsumentenschutz hat man kein Verständnis: «Ein Anbieter, der offensichtlich mit Tricks und Intransparenz agiert, kann sich jeder rechtlichen Verantwortung entziehen.»

Viagogo ist juristisch aber nicht aus dem Schneider. In Genf läuft weiterhin ein Strafverfahren, das unter anderen die Fussballverbände Fifa und Uefa, die Mailänder Scala, der Westschweizer Konsumentenschutz FRC und die Genfer Sängerin Sonia Grimm angestrengt haben. Sie werfen Viagogo Wucher, Irreführung und illegalen Ticketverkauf vor.

Plötzlich kommen Tickets aus Prag

Sonia Grimm zeigte mit einem simplen Trick, wie Viagogo tatsächlich funktioniert: Sie kaufte bei Viagogo einen Eintritt für ihr eigenes Konzert. Das Ticket erhielt sie dann von einer Elena Mamonova aus Prag zugeschickt. Sie hatte es nachweislich einen Tag später bei Grimms offizieller Verkaufsstelle besorgt.

Das zeigt: Viagogo gibt nur vor, Tickets von Leuten zu verkaufen, die nicht ans Konzert können. Wer auf Viagogo ein Ticket kauft, löst unter Umständen nur eine Art Bestellprozess aus.

Recherchen des Beobachters zeigten vor bald zwei Jahren, dass hinter dieser «Elena Mamonova» offensichtlich ein System steckt. Zwischen 2016 und 2019 kaufte jemand unter diesem Namen in der Schweiz über 1500 Tickets – mit zig verschiedenen Kreditkarten. Ähnlich aktiv war «Elena Mamonova» in Finnland und Dänemark, auch in Frankreich und Australien deckte sie sich ein.

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Otto Hostettler, Redaktor
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