Parasit in rohem Fisch
Seit Sushi in Mode ist, wird auch roher Süsswasserfisch beliebter – mit Folgen: Immer mehr Schweizer werden vom Fischbandwurm befallen.
Veröffentlicht am 14. Februar 2012 - 10:01 Uhr
Er kann bis zu 20 Meter lang und bis zu 25 Jahre alt werden – und das alles im menschlichen Dünndarm: Diphyllobothrium latum, der Breite Grubenkopfbandwurm, auch Fischbandwurm genannt. Gefährdet sind Feinschmecker, die Genüssen aus rohem Süsswasserfisch wie Egli-Carpaccio nicht abgeneigt sind. Denn mit dem ungekochten Fisch können auch Wurmlarven aufgenommen werden. Die Larve setzt sich fest und wächst dann 5 bis 20 Zentimeter pro Tag, bis der Wurm seine volle Grösse erreicht hat.
«In den letzten Jahren haben die Infektionen mit Diphyllobothrium deutlich zugenommen, und zwar nicht nur bei den Schweizer Fischbeständen, sondern auch beim Menschen», erklärt Bruno Gottstein, Direktor des Berner Instituts für Parasitologie. Früher war der Wurm vor allem in Tessiner Gewässern und im Genfersee zu finden – in Gegenden, wo traditionellerweise Gerichte aus rohem Süsswasserfisch auf dem Speiseplan stehen. Inzwischen ist der Bandwurm aber auch in den meisten anderen Schweizer Seen aufgetaucht.
Vor allem die veränderten Essgewohnheiten tragen zu seiner Verbreitung bei: Mit der Sushi-Welle ist der Genuss von rohem Fisch auch in der Deutschschweiz Mode geworden. Gekochter, heiss geräucherter sowie gefrorener Fisch ist unbedenklich, und Meerfische tragen den Parasiten übrigens nie.
Genaue Zahlen für den Zuwachs an Infektionen existieren nicht, da diese nicht gemeldet werden müssen. Bekannt sind nur jene Fälle, die in parasitologischen Labors diagnostiziert wurden. Das sind 5 bis 20 Fälle pro Jahr. Die Dunkelziffer dürfte laut Gottstein aber hoch sein. Viele Menschen leben jahrelang mit dem ungewollten Untermieter, ohne von ihm zu wissen. Und Hausärzte, die eine Infektion feststellen, melden das nicht, sondern verschreiben einfach eine Wurmkur.
Zwar sind Schwindel, Völlegefühl, Durchfall, Gewichtsverlust und Bauchschmerzen sowie bei länger andauernden Infektionen auch Blutarmut gängige Symptome, sehr gefährlich ist der Wurm jedoch nicht. Zudem wird man ihn mit gängigen Entwurmungsmitteln in den meisten Fällen los. Eklig aber ist er allemal.