Kompostsongs

Die Kompostsongs sind im Rahmen der Kampagne «Überall komposchte sie…» von der Kompostförderaktion der Kantone Basel-Landschaft, Basel-Stadt und Solothurn entstanden.

Mehr Informationen zur Kampagne finden Sie hier. 

Dieter Simonet schnippelt Gemüse für Bakterien, Würmer und Asseln. «Ein Menü für die Tierli», sagt der Leiter der städtischen Basler Kompostberatung. Im Grünabfall einer Kundin hat er soeben eine halbe Kartoffel, eine ganze Zucchini und Zweige entdeckt. Viel zu grosse Stücke, findet Simonet – «da bin ich Fundamentalist».

Denn die halbe Kartoffel hat schon Triebe gebildet. «In ihr wehrt sich alles gegen den Zerfall», sagt er. Sie wolle nicht abgebaut werden und schliesse ihre Wunden sofort. «Wenn ich will, dass dieser Härdöpfel zu Humus wird, muss ich ihn ganz zerstören», sagt er in breitestem Basler Dialekt. Ein Schnitt reiche nicht, die Heilung wäre schneller als die Zersetzung. Man müsse sterben lassen, damit Neues wachsen könne: «Am Kompost ist jeder ein Alchemist.»

Die grösste Schwierigkeit: Der Mensch

«Beim Schneiden kann man wunderbar philosophieren», sagt der breitschultrige und glatzköpfige Simonet und zerteilt die Kartoffel in mundgerechte Happen. Im Prinzip funktioniere ein Kompost wie ein Mensch: Die Nahrung werde erst zerkleinert, dann vermischt und feucht gehalten. Im Körper – oder eben im Kompostbehälter – werde sie dann abgebaut, umgewandelt und verwertbar gemacht.

Simonet greift eine Handvoll Material aus dem Kompost. Es wuselt, Asseln krabbeln ihm über die Hände. «Wer nicht in den Kompost fassen und daran riechen mag, wird kein gutes Resultat erzielen», sagt er. Der Faktor Mensch sei denn auch die grösste Schwierigkeit beim Kompostieren. Doch dafür ist Simonet bestens gerüstet: Als ausgebildeter Soziokultureller Animator war er zwölf Jahre lang Sozial- und Jugendarbeiter, ehe er von der Stadtgärtnerei ins Boot geholt wurde. Damals, 1993, wurde die Abfallsackgebühr eingeführt – man suchte jemanden, der das Kompostieren an die Leute bringen konnte.

«Ein guter Kompost sollte das Gefühl erzeugen, ich könnte mich hineinlegen und behandeln lassen.»

Dieter Simonet, Kompostberater

«Viele meinen, sie würden kompostieren. Was sie aber eigentlich tun, ist deponieren», sagt der Kompostberater. Es reiche nicht, bloss das Kesseli zu leeren. Sagts und nimmt die Mistgabel, um die Kartoffelstücke mit Häcksel und angerottetem Material zu vermischen. Nun können die Bakterien und Pilze mit der Arbeit beginnen.

Wenn der frische Grünabfall nicht mit bereits angerottetem Gut vermengt wird, fault er. Das Resultat ist eine Erde, in der Pflanzen schlecht wachsen. Und: «Ein fauliger Kompost kann widerlich stinken», sagt Simonet. Solche «schleimigen Haufen, die nach Krankheit aussehen», will er nicht sehen. In den Köpfen der Leute sei Kompost untrennbar mit üblem Geruch verbunden. Dagegen kämpft er an.

Kompostieren: Drei goldene Regeln

1. Kleiner, kleiner, kleiner:
Fünflibergross oder daumenlang sollte das Kompostgut sein. Am besten beim Rüsten schon die Reste zerkleinern, dann ist es fast kein Mehraufwand.

2. Mischen:
Den Inhalt des Kübels mit etwa 40 Prozent Häcksel vermengen. Die obersten 30 Zentimeter im Kompost mit der Stechgabel umspaten. Das gibt dem Kompost Sauerstoff.

3. Feucht halten:
Bei Hitze mit Wasser bespritzen.

Manche brauchen einen Kompost auch nur zu sehen, um Gestank wahrzunehmen: Eine Frau habe sich telefonisch über einen stinkenden Kompost in ihrer Nachbarschaft beschwert. «Doch der Kompost war leer», erzählt Simonet. Er hatte ihn gerade erst eingerichtet, noch niemand hatte ihn benutzt. Geruch sei stark mit Emotionen verknüpft, der Geruchssinn sei unser ältester Sinn.

«Viele Kinder finden Erde eklig»

Ein gut gepflegter Kompost dufte wie ein herbes Männerparfüm, sagt Dieter Simonet. Er weiss, wovon er spricht – der 54-Jährige hat eine Ausbildung zum Aromatherapeuten absolviert und bietet nebenberuflich Aromamassagen an. Alle Komponenten eines guten Parfüms seien im Kompost vorhanden: Holz, Wurzeln und Harz bilden die schwere, dunkle Basisnote, Rosenblüten und Gewürzkräuter die Herznote. Obendrauf kitzeln Zitrusfrüchte und Minze als Kopfnote die Nase. «Ein guter Kompost sollte das Gefühl erzeugen, ich könnte mich hineinlegen und behandeln lassen», sagt Simonet.

Das Menü für Kleinlebewesen: Noch kleinere Stücke ergeben besseren Kompost.

Quelle: Matthias Willi

Als er in den neunziger Jahren bei der Stadtgärtnerei anfing, gab es noch keine sogenannte Kompostpädagogik. Simonet und sein Team starteten ein Kompostmobil, liessen von Musikern Kompostsongs schreiben, kompostierten im fahrenden Tram und kreierten Lehrmaterial für Schulen. «Viele Kinder finden schon normale Erde eklig», sagt er. Lustvoll und sinnlich sollen die Kompostaktionen deshalb sein.

Die Ökofundivögel haben Erfolg

«Wir werden manchmal belächelt», sagt Simonet. Die Kompostberater, das seien doch diese Ökofundivögel, heisse es. Doch Simonets Leidenschaft für Mensch und Kompost hat Früchte getragen. 180 Plätze richten er und sein Team pro Jahr neu ein, für 500 Haushalte, seit 1993 sind es insgesamt 3500. Dazu kommen 30 grosse Quartierkomposte.

Die Nachfrage ist gross, im Frühling klingelt das Telefon bei der Kompostberatung fast ohne Unterbruch. Sie offeriert einen Rundumservice, alles kostenlos. Die Berater inspizieren das Terrain, richten Behälter ein, stellen Gabel und Häckselgut zur Verfügung. Sie helfen beim Sieben und organisieren den Häckseldienst. Und wenn jemand mit dem Vermieter oder den Nachbarn Probleme meldet, suchen sie das Gespräch. «Wenn wir von der Stadt kommen, sind sie meist beeindruckt und geben ihr Einverständnis», sagt Simonet.

Und falls auch das nichts helfe, solle man den Kompost diskret auf dem Balkon einrichten, empfiehlt er – «oder auf dem Dachboden oder im Keller». Denn: Meist reklamiere niemand, wenn der Kompost unsichtbar bleibe.

Simonet hatte seinen Kompost zwei Jahre lang in der Küche – um mit gutem Gewissen sagen zu können, dass ein gepflegter Kompost nicht störe. Je näher dieser bei den Leuten sei, desto besser werde er unterhalten, sagt Simonet. Ein versteckter Kompost dagegen nähre das Gefühl, dass es etwas zu verbergen gebe. «Am liebsten hätte ich, dass die Leute den Kompost als Partytheke brauchen und ihre Cüpligläser darauf abstellen. Dann ist alles gut.»

Tipps: Ort, Behälter und Inhalt

Standort:
Möglichst nahe und auch bei schlechtem Wetter leicht zugänglich. Allseits mit der Gabel erreichbar. Schatten ist nicht notwendig.

Behälter:
Es muss dunkel sein, damit die Bodenlebewesen arbeiten können. Der Behälter sollte einen Deckel haben. Wärme- oder Thermokomposte sind grundsätzlich nicht besser als ein Drahtkomposter mit schwarzer Plastikfolie. Auf dem Balkon oder im Keller: kleinerer Plastikbehälter mit Löchern am Boden und auf der Seite.

Das darf rein:

  • Alle organischen Abfälle: zerkleinert und vermischt. 
  • Gekochte Speisereste und Fleisch: Zerkleinert und vermischt, ziehen sie keine Ratten und Mäuse an. 
  • Eierschalen: zerdrücken. Sie verrotten erst im Boden, sind aber wegen ihres Kalkgehalts wertvoll. 
  • Kerne: Sie bauen sich sehr langsam ab, schaden aber nicht. 
  • Zitrusfrüchte, Bananenschalen, Rosen, Tulpen: klein geschnitten kein Problem, da heutige Fungizide bei 45 Grad Komposttemperatur innert fünf Tagen abgebaut werden. 
  • Haushaltpapier: schadet nicht, bleibt aber an der Stechgabel hängen.
  • Kaffeesatz: sehr gutes Wurmfutter.
  • Gesteinsmehl: nicht nötig, veredelt aber die Erde. Wenig drüberstreuen.


Das darf nicht rein: 

  • Asche: Sie enthält zu viele Schwermetalle. 

Weitere Informationen: Kompostberatung

Viele Kantone und Gemeinden bieten Service rund um den Kompost an, etwa Beratung, Bioabfuhr, Material, Häckseldienst und Kompostierkurse. Nicht überall ist das kostenlos. Nähere Infos gibt es auf der Website des Kantons oder der Gemeinde.