Möchten Sie der Tochter mehr zukommen lassen, als das Gesetz vorsieht? Oder weniger? Soll das Silberbesteck an den Lieblingsneffen gehen? Wollen Sie eine wohltätige Institution begünstigen? All das ist möglich – wenn man die richtigen erbrechtlichen Vorkehrungen trifft.

Für Laien ist das nicht einfach. Denn das Erbrecht ist gespickt mit schwer verständlichen Begriffen und Instrumenten. Freilich gibt es eine simple Grundregel: Es ist in jedem Fall wichtig, ein klares, rechtlich einwandfreies Testament oder einen Erbvertrag zu verfassen – das minimiert Konflikte und dient allen Beteiligten.

Ein Erbvertrag ist dann das probate Mittel, wenn Sie jemandem die Erbschaft unwiderruflich «versprechen» wollen. Er bindet Sie und die Begünstigten gegenseitig vertraglich. Das heisst: Sie können allein nicht mehr vom Erbvertrag zurücktreten, Ihre Vertragspartner müssen zustimmen. Falls Sie Ihre ursprünglichen Absichten ändern, bliebe Ihnen höchstens das Hintertürchen, das «versprochene» Geld selber zu verbrauchen. Denn trotz Erbvertrag ist niemand gesetzlich verpflichtet, Begünstigten Vermögen zu hinterlassen.

Neben dem Vertrag bietet das Erbrecht weitere Mittel, um den Nachlass gezielt zu steuern. Hier einige häufige Konstellationen:

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1. Neben dem Ehepartner und/oder den Nachkommen sollen weitere Angehörige, Freunde oder gemeinnützige Organisationen zum Zug kommen.

Wer Pflichtteilserben wie Kinder und einen Ehepartner hat, kann maximal im Umfang der freien Quote andere Personen begünstigen. Die freie Quote ist das Nachlassvermögen abzüglich aller Pflichtteile. Darüber kann man frei verfügen. Das kann per Erbeinsetzung oder mittels Legat erfolgen.

Legat bedeutet Vermächtnis: Man vermacht einer Person oder einer Institution eine bestimmte Sache oder Summe, ohne dass man den Empfänger mit den Rechten eines Erben ausstattet. Vermächtnisnehmer haben daher weder Erben-Auskunftsrechte, noch haften sie für Schulden. Letzteres kann ein grosser Vorteil sein, weil das Risiko entfällt, eine überschuldete Erbschaft zu erben. Auch aus diesem Grund bitten gemeinnützige Institutionen oft um Legate, statt dass man sie als Erben einsetzt.

Für ein Vermächtnis an einen nicht gesetzlichen Erben kann man seinen Willen folgendermassen formulieren: «Ich vermache meiner hilfsbereiten Nachbarin Y. S. gestützt auf Art. 484 Abs. 1 ZGB als Legat 15 Prozent meines den Erben nach Ausrichtung der übrigen Legate und nach Bezahlung der Erbschafts- und Erbgangsschulden zur Verfügung stehenden Nachlasses. Das Legat ist innert sechs Monaten nach meinem Ableben in bar auszurichten und bei Verzug zu drei Prozent pro Jahr zu verzinsen.»

Wenn Sie möchten, dass Ihre Partnerin im Haus bleiben kann, die Kinder aber dennoch erben sollen, bietet sich die Nutzniessung an. Sie endet mit dem Eintritt der Partnerin ins Pflegeheim oder deren Tod – je nachdem, wie Sie das festlegen. Allerdings: Die Nutzniessung kann Pflichtteile verletzen. Daher empfiehlt es sich, die Pflichtteilserben in einem Erbvertrag einzubinden und abzusichern.

2. Sie haben Pflichtteilserben, aber es sollen später trotzdem gemeinnützige Organisationen zum Zug kommen.

In der Praxis immer bedeutender – und oft auch steuerlich attraktiv – ist die Nacherbeneinsetzung. Mit ihr wird zuerst der Vorerbe begünstigt, später aber doch jene Erben, denen das Vermögen letztlich zugutekommen soll. Den Nacherben bleibt so die Vermögenssubstanz erhalten, weil der Vorerbe zwar einstweilen Eigentümer des Nachlasses wird, aber der sogenannten Auslieferungspflicht unterliegt.

Wer die Nachkommen als Vorerben einsetzt und sie auf einen bestimmten Zeitpunkt zur «Auslieferung» etwa einer Liegenschaft an eine gemeinnützige Institution verpflichtet, kann gewissermassen zwei Generationen vom Nachlass profitieren lassen. Die Nacherbin kommt aber nur dann ganz sicher in den Genuss der Liegenschaft, wenn Sie bestimmen, dass die entsprechende Pflicht des Vorerben im Grundbuch eingetragen wird. Dieser Eintrag wirkt zwar nicht direkt wie eine Sperre, aber wenn der Vorerbe das Haus veräussern würde, ginge die Auslieferungspflicht an den Käufer über.

Auch beim Vermächtnis können Erst- und Zweitbegünstigungen festgelegt werden. Formulierungsbeispiel: «Ich vermache meine dreireihige Perlenkette als Vorvermächtnis meiner Schwester Berta und bei deren Tod als Nachvermächtnis meiner Grossnichte Annabelle.»

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Wie hoch ist der gesetzliche Erbanteil der Kinder oder des (Ehe-)partners? Kann man diesen mit dem Pflichtteil weiter begrenzen? Testen Sie den Online-Erbrechner von Guider kostenlos und finden Sie es anhand Ihrer Lebens- und Familiensituation heraus.

3. Es gibt keine Pflichtteilserben wie Eltern, Ehepartner oder Kinder, daher sollen vor allem gemeinnützige Organisationen zum Zug kommen.

Auch hier kommen Legate in Frage. Denken Sie aber auch an Ihre gesetzlichen Erben (etwa Geschwister, Nichten und Neffen). Wer seinen ganzen Nachlass Hilfswerken vermacht, schliesst diese Personengruppe vollständig aus. Das kann zu Groll in der Familie führen. Denn die Erben, auch wenn sie testamentarisch aussen vor gelassen werden, müssen für die Bestattungskosten aufkommen und die Verteilung der Vermächtnisse vornehmen. Das lässt sich vermeiden, indem man den gesetzlichen Erben ebenfalls einen Obolus hinterlässt. Oder eine Willensvollstreckerin einsetzt, die die Verteilung vornimmt und dafür ein Honorar verlangen kann.

Ein Fallstrick beim Liegenschaftsvermächtnis: Grundpfandschulden verbleiben den Erben. Wenn Sie also Ihre leer ausgehenden gesetzlichen Erben nicht zusätzlich verärgern wollen, halten Sie im Testament fest, dass die Hypothekarschulden mit der Liegenschaft vom Vermächtnisnehmer zu übernehmen seien.

Ganz allgemein stellt sich beim Vererben die Frage: Schränkt ein testamentarisches Versprechen einen Erblasser während seiner Lebenszeit finanziell ein? Nein. Denn trotz Testament oder Erbvertrag können Sie verbrauchen, was Sie wollen oder müssen. Deshalb ist es heikel, testamentarisch Frankenbeträge zu vergeben. Besser hinterlassen Sie Erben oder Vermächtnisempfängern einen bestimmten Anteil in Prozent des Nachlasses und bezeichnen ihn ausdrücklich als «Vermächtnis» oder eben als «Legat», wenn es denn ein solches sein soll. Gehen Sie dabei von folgender Festlegung aus: Ihr Nachlass ist rechnerisch immer 100 Prozent, unabhängig vom tatsächlich noch vorhandenen Vermögen.

Und: Lassen Sie den Testamentsentwurf von einer Anwältin oder einem Notar überprüfen. Denn der Teufel steckt bekanntlich häufig im Detail – gerade im komplizierten Erbrecht.

Legate helfen beim Helfen

Ist es pietätlos, wenn in der Zeitung neben den Todesanzeigen Stiftungen und Fonds um Legate bitten? Oder aufdringlich, wenn Hilfswerke Werbesendungen verschicken und schreiben, dass man sie mit einem Vermächtnis unterstützen soll?

Nein, das sind legitime Varianten, um auf sich aufmerksam zu machen. Ein Hilfswerk, von dem niemand weiss, hat kein Geld – und kann niemanden unterstützen. Auch die Stiftung SOS Beobachter, die in der Schweiz lebenden Menschen in Not hilft, ist neben Spenden auf Legate angewiesen. Vielleicht gehören Sie zu den Menschen, die im Leben reich beschenkt wurden, und möchten, dass Ihr Vermögen nach Ihrem Tod denjenigen zugutekommt, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Mit einem Vermächtnis zugunsten der Stiftung SOS Beobachter können Sie jenen Hoffnung schenken, die darauf angewiesen sind.

Wenn Sie unsere Stiftung unterstützen möchten, können Sie das in Ihrem Testament festhalten.

Beispiel für eine testamentarische Bestimmung: «Die Stiftung SOS Beobachter, Flurstrasse 55, 8021 Zürich, erhält XX Prozent meines Nettonachlasses als Vermächtnis.»

Walter Noser, Geschäftsführer Stiftung SOS Beobachter


Fragen zum Thema Legat/Vermächtnis

Telefonische Beratungsgespräche mit der Stiftung SOS Beobachter unter der Telefonnummer 058 269 21 21; allgemeine Informationen: www.sosbeobachter.ch

Mehr zu Erbvorkehrungen bei Guider

Im ZGB steht, welche Hinterbliebenen wie viel erben. Das Gesetz lässt aber auch Raum für eine Abänderung dieser Regeln via Testament, Ehe- und Erbvertrag. Guider erklärt Beobachter-Abonnenten die gesetzlichen Pflichtteile beim Erben anhand von praktischen Merkblättern und bietet hilfreiche Mustervorlagen, z. B. für ein Vermächtnis (Legat).

 

Buchtipp
Testament, Erbschaft
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