Mineralwasser enthält Umwelthormone, die zumindest zum Teil aus der Plastikflasche stammen könnten, in der es verkauft wird. Das behaupten Ökotoxikologen der Universität Frankfurt, die in 12 von 20 untersuchten Mineralwassermarken erhöhte östrogene Aktivität nachwiesen.

Als Hauptverursacher dieser Belastung mit dem weiblichen Sexualhormon wird die Plastikflasche vermutet, in der das Wasser angeboten wird, denn laut den Forschern war die Belastung in Glasflaschen nur halb so hoch. «Das allgemeine Vertrauen in Plastikverpackungen ist sehr hoch, da man sie für sehr sauber und hygienisch hält. Niemand denkt jedoch daran, dass sich in den Weichmachern, die bei ihrer Produktion verwendet werden, Östrogene verstecken», so Studienautor Martin Wagner. Wagners Untersuchung wurde in der Fachzeitschrift «Environmental Science and Pollution Research» veröffentlicht.

Dieser Nachweis sogenannter endokriner Disruptoren gelang durch ein In-Vitro-System mit einem genetisch veränderten Hefestamm, der den Aktivierungsgrad humaner Östrogenrezeptoren misst. Bei einem zweiten Test wurden Schnecken eingesetzt: «Schnecken sind besonders sensitiv und werden von Östrogenen zur Produktion einer höheren Anzahl von Embryonen stimuliert», so Wagner. Die auf diese Weise festgestellte gesamte östrogene Aktivität im Mineralwasser entspricht laut Wagner derjenigen von in Kläranlagen aufbereitetem Wasser. Welche Substanzen genau für die hormonelle Belastung im Mineralwasser verantwortlich sind, wurde allerdings bisher noch nicht geklärt.

«Hysterie ist fehl am Platz»

Wagner betont, er wolle seine Forschung nicht als Aufruf zu weniger Mineralwasserkonsum verstanden wissen. «Mineralwasser ist sehr gesund, deshalb ist eine Hysterie fehl am Platz. Dennoch müssen Behörden und Hersteller aufmerksam werden auf die höhere Belastung in Plastikflaschen und Alternativen zu derzeitigen Verpackungen suchen.»

Neben der Verwendung von Glasflaschen sei auch die Entwicklung von Verpackungsmaterialien realistisch, deren Produktion keine endokrinen Disruptoren verwendet. Dies sei in den USA bereits der Fall, wo infolge des wachsenden Verbraucherdrucks grosse Verpackungshersteller innerhalb weniger Monate neue Verpackungen präsentiert hätten. «Es gibt also Alternativen, doch in Europa fehlt es noch an Bewusstsein für das Thema», so Wagner.

Am Bundesinstitut für Risikobewertung wird derzeit eine Stellungnahme zu der Studie ausgearbeitet. Institutssprecher Jürgen Thier-Kundke betont, dass man die nachgewiesene Belastung des Mineralwassers durch östrogen wirkende Stoffe ernst nehmen müsse. Direkte Rückschlüsse auf die Einwirkung durch Verpackungsmaterialien seien jedoch voreilig: «Das würde eine weit präzisere Analyse erfordern, die das Mineralwasser in seiner rohen, aufbereiteten und abgefüllten Form getrennt untersucht.» Aus den bisher präsentierten Ergebnissen könne die Auswirkung der Verpackung noch nicht eindeutig abgelesen werden, so Thier-Kundke. (pte)