«Das globale Vorkommen von PFAS im Regenwasser zeigt, dass die Belastungsgrenze des Planeten für diese menschengemachten Substanzen überschritten ist», sagt Martin Scheringer, Wissenschaftler an der ETH.

PFAS sind Industriechemikalien, die Abkürzung steht für die rund 4700 per- und polyfluorierten Alkylverbindungen. Viele werden in Produkten wie Teflonpfannen, Outdoorkleidung, Skiwachs, Lebensmittelverpackungen, Feuerlöschschäumen und Kosmetika verwendet. PFAS sind fett- und wasserabweisend, weshalb sie in der Industrie so beliebt sind. In der Schweiz sind nur die zwei giftigsten verboten.

Gesundheitlich bedenklich

«Alle fragen stets, wie giftig PFAS sind. Dabei ist es nicht die Giftigkeit, sondern die extreme Langlebigkeit, die dazu führt, dass das Problem jetzt ausser Kontrolle gerät. Das wird immer wieder unterschätzt», so Scheringer. Es gebe auch sehr giftige Stoffe, die sich schnell in der Umwelt zersetzen, wie etwa Nikotin. «PFAS sind aber gleichzeitig enorm stabil, das ist, was uns beunruhigt.»

Zusammen mit Forschenden der Universität Stockholm hat er nachgewiesen, dass sogar in entlegenen Gebieten wie der Antarktis PFAS in Konzentrationen in Regenwasser und Schnee vorkommen, die gesundheitlich bedenklich sein können. Regenwasser sei nirgends mehr sicher trinkbar. So wird im tibetischen Hochland der von der US-Umweltbehörde empfohlene Trinkwasser-Grenzwert um das 14-Fache überschritten. «Es ist ein Alarmsignal, dass die Umwelt global so deutlich mit diesen Stoffen verschmutzt ist», so Scheringer.

Keine Deklarationspflicht

Muss man sich Sorgen machen? Die Frage könne man weder mit Ja noch mit Nein beantworten, sagt der ETH-Forscher. Die Chemikalien wirkten auf die menschliche Gesundheit unterschiedlich stark. Bei Kindern zum Beispiel würden nach Impfungen weniger Antikörper gebildet. Und bei Männern verringere sich die Zahl der Spermien. Viel Gift im Körper könne auch zu Krebs führen. Je mehr PFAS sich in Menschen anreicherten, desto mehr Leute trügen Gesundheitsschäden davon. So könne es nicht weitergehen. «Man darf mit diesen Stoffen nicht so umgehen.»

PFAS müssen nicht deklariert werden, Konsumentinnen wissen deshalb kaum, wo sie überall drinstecken. In der Pflicht stünden Industrie und Politik, sagt Scheringer. Anstatt immer nur einzelne, besonders gefährliche PFAS aus dem Verkehr zu ziehen, müsse man alle regulieren und nur noch für ausgewählte Verwendungen zulassen. Nur so lasse sich Schlimmeres verhindern. 

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