Jetzt kommt der dienstliche Befehl: «Gehörschutz

auf! Feuer frei und gut Schuss!» Punkt acht Uhr erfolgt

der Startschuss des Standchefs für das Zürcher Kantonalschützenfest.

Damit beginnt an diesem Sommertag für uns Zivilschützer

der WK Block 1 im Schiessstand Zürich-Höngg. Hinter

jedem Schützen und den wenigen Schützinnen sitzen

wir als so genannte Warner.

Knapp drei Meter vor uns kämpfen die Teilnehmer mit

Sturmgewehr, Karabiner oder Standardwaffe um persönliche

Ehre, Kranzabzeichen und Gratisferien für die Besten.

Bis 380 Franken haben sie dafür ausgegeben, trotz etlichen

Sponsoren wie der Munitionsfirma Ruag oder der Gilde der Bombenwerfer

Zürich.

Laut Empfehlungen des Bundes sollten Kantone bei kommerziellen

Anlässen auf den Ausbildungsnutzen für den Zivilschutz

achten. Beim Schützenfest beschränkte sich dieser

auf fünf Minuten: Der Einsatzleiter erklärt anhand

des Schiessbüchleins, wo und in welcher Reihenfolge der

Scanner über die vier Codes geführt werden muss.

Das wars auch schon.

Die Handgriffe erfolgen wie im Schlaf

«Zuerst Sektion, dann schiesse ich wohl die Ehrengaben»,

raunt mir der Bartträger zu. Ich nehme das Schiessbüchlein,

lese mit dem Scanner den Namenscode ein, gefolgt von «Stgw

57», «Position liegend», und der Disziplin

«Sektion». Dann den gedruckten Resultatstreifen

abschneiden und einkleben. Schon nach einer Viertelstunde

erfolgen die Handgriffe wie im Schlaf: scannen, scannen, scannen,

scannen, Resultate abschneiden, einkleben. Rund 200 Mal, von

morgens acht bis abends sieben Uhr.

Das macht während acht Tagen 80 Meter Resultatstreifen

pro Zivilschützer und insgesamt 120000 Schüsse.

Derweil beschäftigt sich mein Banknachbar mit Zeitunglesen,

andere schreiben SMS oder reinigen ihre Fingernägel.

Der Geruch von abgefeuerter Karabinermunition weht in unsere

Nasen, während sich das alte Sturmgewehr 57 am lautesten

in Erinnerung ruft. Doch die 128 Zivilschützer sind freiwillig

in den zwei Schiessständen Albisgüetli und Höngg

«um weniger Militärpflichtersatz zu bezahlen»,

wie Ivo klarstellt.

Am zweiten von drei Wochenenden legt sich der Ansturm der

Schützenvereine, worauf ein Zivilschützer beschliesst,

am Abend eine halbe Stunde früher zu gehen. Das Organisationskomitee

indes ist voll des Lobes: Zum Dank überreicht es uns

eine blau-weisse Ehrenschleife mit Münze der Stadtzürcher

Schützengesellschaft von 1851. Die Organisatoren lassen

keine Zweifel: Dieser Premiere werden weitere Einsätze

für Zivilschützer als Warner folgen. Andere Kantonalverbände

hätten Interesse gezeigt, bei ihren Schützenfesten

künftig ebenfalls die Männer in Blau einzusetzen.