Enrico Z. ist ein glücklicher Mann. Seit Monaten bekommt er keine Rechnungen mehr. Wenn die Pöstlerin die fünf Waben an seinem Wohnblock in Stallikon ZH füllt, fehlt in seinem Briefkasten die Rechnung der Krankenkasse. Zum Beispiel. Aber auch die Abstimmungsunterlagen bleiben fern. Sie gehen an die Gemeinde zurück mit dem Hinweis EMPF.N.ERMITTELBAR.

Enrico Z. ist auch ein unglücklicher Mann. Wegen unbezahlter Rechnungen muss er sich mit der Krankenkasse herumschlagen, wegen fehlender Abstimmungsunterlagen bei der Gemeinde vorsprechen, wegen der fehlenden SIM-Karte der Swisscom mailen, denn auch die erreicht ihn nicht.

Vor allem aber muss er sich in erschöpfend langen Stafetten zum Kundendienst der Post vorkämpfen. Wenn er auf einen Menschen aus Fleisch und Ohr trifft, kann ihm dieser nicht helfen. Oder Enrico Z. erhält eine Mail, die Post werde einen «Superuser» nach Stallikon schicken, der sich mit der Postbotin den Briefkasten anschauen werde. Zudem werde ihn die Post «in die Datenbank» aufnehmen – was immer das heisst.

Dabei wohnt Z. seit 2012 im selben Block, der Briefkasten entspricht den Wünschen der Post, sein Name auf dem Schild ist gut lesbar. Da braucht es keinen «Superuser», der dem 60-jährigen Geschäftsmann und der erfahrenen Postbotin in Stallikon zeigt, wie man den Kasten richtig anschreibt.

Ist die Reorganisation der IT schuld?

Z. vermutet den Grund für den Fehler im Computersystem der Post. Ausgerechnet im IT-Bereich soll ein neuer Chef das Staatsunternehmen reorganisieren, wie der Abbau von Arbeitsplätzen umschrieben wird. 1100 Stellen seien in Gefahr, schätzt der «Sonntags-Blick». Die Branchenwebsite Inside-it.ch hat darauf verunsicherte Post-Informatiker auf Hunderte offener Stellen aufmerksam gemacht.

Der Beobachter hat für Enrico Z. bei der Post nachgefragt. Die Abklärungen ergaben einen technischen Fehler im Sortiersystem. «Dieser wurde umgehend korrigiert und die Zustellung geprüft. An den Kunden adressierte Sendungen werden fortan korrekt bearbeitet und zugestellt», schreibt die Post und entschuldigt sich dafür, das Anliegen nicht zeitgerecht und kompetent bearbeitet zu haben. 

Enrico Z. sollte also eigentlich kein EMPF.N.ERMITTELBAR mehr sein. Und doch hat er bis Redaktionsschluss erneut keine Post erhalten.