Für einen Anwalt zu arbeiten sei verlässlich, glaubte der Maurer Peter Hertenstein. Deshalb überlegte er auch nicht lange, als er im Jahr 2003 für Arbeiten auf der Baustelle Gräubern in Liestal BL angefragt wurde. Das heruntergekommene, aus dem 18. Jahrhundert stammende Bauernhaus des Anwalts Thomas Christen sollte mit Unterstützung der Denkmalpflege zu einem Mehrfamilienhaus mit Mietwohnungen und Vinothek umgebaut werden. Der Maurer besprach den Auftrag mit Patrick Klar, der als Bauführer des Anwalts auftrat, wie die Handwerker der Baustelle übereinstimmend bestätigen. Hertenstein schöpfte keinen Verdacht, denn zu Beginn des zweijährigen Umbaus bezahlte der vermeintliche Bauherr und Anwalt noch sämtliche Rechnungen anstandslos.

Gegen Ende des eine Million Franken teuren Umbaus blieben seine Zahlungen aber plötzlich aus. Schreiner, Maler, Maurer, Sanitärtechniker und Elektriker blieben auf Forderungen von über 200'000 Franken sitzen. Christen erklärte den Geprellten, er sei zwar Eigentümer des Hofguts, das habe aber mit den an sie erteilten Arbeiten «überhaupt nichts zu tun».

Unklare Verantwortlichkeiten

Ein Schwarzer-Peter-Spiel begann, das Jahre dauerte: Anwalt Christen wies jede Verantwortung von sich. Zuständig sei nicht er, sondern Patrick Klar, der den Handwerkern die Aufträge erteilt hatte. Dieser wiederum verwies die Gläubiger an den Hofbesitzer. Wer welche Rolle spielte, blieb unklar. «Keiner legte die Karten auf den Tisch», sagt Maurer Hertenstein. Um überhaupt zu bestimmen, welcher der beiden zu belangen sei, hätte in einem gerichtlichen Verfahren erst einmal die Rollenverteilung geklärt werden müssen. Viel Aufwand, hohe Kosten und geringe Aussicht auf Erfolg.

Denn für den Umbau hatte der Anwalt ein aussergewöhnliches Konstrukt gewählt: Er gewährte Patrick Klar ein Darlehen über mehrere hunderttausend Franken. Doch Christen überwies das Geld nicht an Klar, sondern zahlte stattdessen anfänglich die Rechnungen der Handwerker. «Es war der Wunsch von Patrick Klar, das Hofgut Gräubern umzubauen. Er hat den Umbau in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung unternommen», erklärt Christen. Klar soll also gar nicht im Namen des Anwalts gehandelt haben? Seltsam nur, dass derselbe Klar noch einen Mietvertrag für eine der frisch renovierten Wohnungen unterschreiben durfte - als Vertreter des Anwalts. Gegenüber dem Beobachter wollte Patrick Klar keine Stellung beziehen.

Die Hartnäckigkeit der Handwerker machte sich jetzt wenigstens zum Teil bezahlt: Nach jahrelangem Hin und Her bekommen sie doch noch Geld. Die kantonale Denkmalpflege überwies die letzte Tranche der insgesamt gut 110'000 Franken Fördergelder entgegen der üblichen Vorgehensweise nicht an den Eigentümer, sondern an Klar. Der bezahlte damit einen Teil der Rechnungen. Doch die Handwerker mussten auf die Hälfte ihrer Forderungen verzichten. Hertenstein fühlt sich betrogen: «Als Hausbesitzer kann sich Christen heute über den schön renovierten Hof freuen, ohne dass er dafür den tatsächlichen Preis bezahlen musste.» Aufträge eines Anwalts wird Peter Hertenstein nicht so schnell wieder entgegennehmen.