Nicht nur aufs Wort bauen
Aufträge an Handwerker dürfen nie am Telefon oder zwischen Tür und Angel erteilt werden. Sonst droht eine Überraschung, die ins Geld gehen kann.
Veröffentlicht am 23. Juli 2002 - 00:00 Uhr
Die Masche ist immer die gleiche, und die Opfer sind in der Regel ältere Personen. Am Anfang steht ein harmloses Telefon, den Abschluss bildet eine völlig überrissene Rechnung. Eine Erfahrung, die auch Elisabeth Binggeli aus Bern machen musste. Sie erhielt einen Anruf der Firma Milani GmbH aus Muri bei Bern: «Wir befinden uns gerade auf dem Dach Ihres Nachbarn und haben festgestellt, dass Ihre Dachkännel gereinigt werden müssen. Sollen wir das für Sie übernehmen?»
Elisabeth Binggeli freute sich zunächst über die Fürsorge der Milani GmbH. Der Schock folgte mit der Rechnung: 6500 Franken sollte sie für die Reinigung bezahlen. Die Firma hatte sich erlaubt, grosszügig und ohne Auftrag weitere Arbeiten auszuführen. «Muss ich diese Rechnung bezahlen?», wollte Elisabeth Binggeli vom Beobachter-Beratungszentrum wissen. Ein Blick in die Unterlagen, und die Sache war klar: Sie muss nicht. Die Firma Milani versucht hier, die Arglosigkeit älterer Menschen auszunützen.
Auch auf dem Sekretariat des Dachdeckermeisterverbands der Stadt Bern und Umgebung ist die Milani GmbH ein Dauerbrenner: «Wir erhalten immer wieder Anfragen von Betroffenen, denen unglaubliche Rechnungen gestellt wurden.» Die Empfehlungen des Verbands sind klar: Solche völlig überrissenen Rechnungen ohne konkreten Auftrag soll man auf keinen Fall bezahlen.
Dreistes Geschäftsgebaren
Auch von den happigen Rabatten bei schneller Bezahlung darf man sich nicht ködern lassen, denn die ausgeführten Arbeiten sind häufig von zweifelhafter Qualität. «Immer wieder muss ich Arbeiten und Rechnungen der Firma Milani GmbH überprüfen. Selten sind die geforderten Beträge gerechtfertigt», bestätigt Michael Fankhauser, Präsident des Dachdeckermeisterverbands Bern und Umgebung. In einigen Fällen erwies sich das Geschäftsgebaren des Unternehmens als besonders dreist. «Teilweise stellte die Firma sogar Rechnung, obwohl das entsprechende Dach gar nie betreten wurde», ärgert sich Michael Fankhauser.
Auch die Lieferanten haben ihre liebe Mühe mit der Milani GmbH. «Mit dieser Firma möchten wir nichts mehr zu tun haben», sagt Fritz Frey, Geschäftssitzleiter der Firma Engel in Bern. Bestelltes Material wurde jeweils sehr schnell abgeholt, auf eine Bezahlung wartet die Firma Engel bis heute. «Auch Betreibungen führten nicht zum Erfolg», so die Bilanz von Frey.
Identität schnöde verleugnet
Die Milani GmbH hält sich bedeckt. Unter der auf den Geschäftspapieren genannten Natelnummer meldet sich ein Herr Friedli. Dieser bestreitet, mit der Firma Milani GmbH etwas zu tun zu haben, obwohl im Handelsregister ein Hans Friedli als Direktor aufgeführt ist. Er habe mit dem Beobachter nichts zu besprechen, beschied er in barschem Ton.
Elisabeth Binggeli hat die Rechnung noch nicht beglichen. Dass die Firma rechtliche Schritte einleiten wird, ist unwahrscheinlich. «Meist meldet sich die Milani GmbH nicht mehr», bestätigt Michael Fankhauser. Kein Wunder: Ohne schriftliche Auftragsbestätigung hätte selbst die Milani GmbH Probleme, mit juristischen Mitteln zu ihrem Geld zu kommen. Elisabeth Binggeli hat aus den Fehlern gelernt: «Ich werde nie mehr einem Handwerker am Telefon einen Auftrag erteilen.»
Vertrag: Immer schriftlich
Bei Handwerkern, die sich selber um Arbeit bemühen, ist Vorsicht geboten. Wer einen Handwerker braucht, sollte diesen sorgfältig auswählen und unbedingt einen schriftlichen Vertrag aufsetzen. Folgende Punkte sind dabei ein absolutes Minimum:
- Die zu erbringenden Leistungen müssen präzise umschrieben sein.
- Der Preis sollte genau fixiert werden. Ist der Handwerker dazu nicht bereit, vereinbaren Sie ein Kostendach.
- Bei zusätzlichen Aufwendungen müssen Sie die vorgelegten Arbeitsrapporte kritisch prüfen. Verweigern Sie im Zweifelsfall die Unterschrift.
- Akzeptieren Sie keinerlei Einschränkungen der Garantie.
- Versuchen Sie mit dem Handwerker zu vereinbaren, dass Sie einen Teil des Werklohns zurückbehalten dürfen, bis eventuelle Mängel behoben sind.