Es sollten 20 Luxushäuser an privilegierter Lage werden. Kostenpunkt pro Einheit: zwei Millionen Franken und mehr. Doch seit Mitte Dezember 2018 stehen die Bauarbeiten in der Bannäbni in Baar ZG still. Die Generalunternehmung Auconia Ingenieurbau (AIB) musste wegen Zahlungsunfähigkeit einen Baustopp ausrufen. AIB gehört dem Deutschen Rolf Aulinger.

Geprellt sind nicht nur die Bauherren, die jetzt statt auf luxuriösen Terrassen auf potenziellen Bauruinen und teils gepfändeten Bodenrechten sitzen. Zig Handwerker und Planer warten teils seit Monaten auf ihr Geld. Denn seit bald einem halben Jahr hat AIB kaum mehr Rechnungen bezahlt. Die Betreibungen von geschädigten Handwerkern belaufen sich auf mehrere Tausend bis gegen eine Million Franken pro Firma. Der Gesamtschaden dürfte laut Insidern im zweistelligen Millionenbereich liegen. 
 

«Ich habe noch nie so viele Bauschäden auf einer einzigen Baustelle gesehen.»

Philippe Bernet, einer der letzten Bauleiter


Rolf Aulinger, ein Mann, über dessen fragwürdige Vergangenheit wegen des sogenannten Rechts auf Vergessen nichts publiziert werden darf, schiebt die Schuld andern zu: «Wir haben gegen unsere Kundschaft offene Forderungen in zweistelliger Millionenhöhe für bereits erstellte und teilweise bezogene Bauteile. Deren Einforderung haben wir derzeit bis zur allfälligen Mängelbehebung zurückgestellt.»

Tatsächlich haben einige Bauherren Gelder wegen Pfusch am Bau zurückbehalten. Eine der wenigen fertiggestellten Wohneinheiten weist alleine 65 Baumängel auf. Er habe noch nie so viele Bauschäden auf einer einzigen Baustelle gesehen, sagt Philippe Bernet, einer der beiden letzten Bauleiter. Er und sein Kollege kündigten bereits nach einem Monat, «da es infolge der Zahlungsmoral der Auconia GmbH nicht mehr möglich war zu agieren, organisieren und längerfristig zu planen».

Schweigeklauseln und ungebührlich hohe Aufschläge

AIB-Aulinger weist jegliche Schuld von sich und seiner Firma. Dem Beobachter schreibt er: «Mit der Bauausführung sind auch wir unzufrieden. Darum haben wir unter anderem den Baustopp verfügt» Mit der Bauleitung sei ein externer Dienstleister beauftragt gewesen, dem man aber aufgrund «allfälliger Mängel und sonstiger Defizite» wieder gekündigt habe. Dass dieses Planungsbüro die Baustelle erst nach dem ersten problembehafteten Baujahr von seinen eigenen Leuten übernahm, verschweigt er. 

Wohin das Geld geflossen ist, das die Hauskäufer an die AIB überwiesen haben, ist vielen Beteiligten unklar. «Sicher nicht in die Aufrichte», erzählt einer. «Es gab Spumante aus Plastikbechern.» Porschefahrer Rolf Aulinger blieb dem Anlass fern.

Er sagt, das sei Geld in die Bauten geflossen. Doch es gibt Ungereimtheiten. Etliche der Handwerker haben in ihren Verträgen Schweigeklauseln, dürfen auch nicht über Preise sprechen. Mit guten Grund. Dem Beobachter liegen Unterlagen vor, die beweisen, dass AIB teils ungebührlich hohe Aufschläge auf Warenlieferungen machte. In einem Fall wurden fast 60 Prozent mehr als auf der Warenpreis verrechnet. Üblich sind 15 Prozent. 

Kümin Bau musste Bilanz deponieren

Besonders hart trifft es die Firma Kümin Bau. Rolf Aulingers AIB schuldet dem Gisikoner Unternehmen über 236'000 Franken. Kümins konnten ihre eigenen Rechnungen nicht mehr bezahlen. «Wir mussten vor wenigen Tagen nach 37 Jahren tadelloser Geschäftsführung die Bilanz deponieren. In zwei Jahren wäre mein Mann in Pension gegangen», sagt Brigitte Kümin. Allfällige Zahlungen auf das Bauhandwerkerpfandrecht, das sie auf ein Grundstück hatten eintragen lassen, wären zu spät gekommen, genauso wie Gelder für Aufträge, die sie in den nächsten Wochen und Monaten ausführen könnten. «Und es tut mir schrecklich leid für die Firmen, die durch unsere Zahlungsunfähigkeit auch noch in Mitleidenschaft gezogen werden», sagt Kümin.

Der «kausale Zusammenhang» sei nicht gegeben, sagt AIB-Chef Aulinger. Vielmehr habe es bei einem Bauwerk Probleme wegen eines von der Kümin AG gebauten Kellers gegeben. Die Käuferschaft habe deswegen 400'000 Franken zurückbehalten. Darum habe er Kümin nicht bezahlt. Dass er für diesen konkreten Fall eine Schadloshaltung unterzeichnet hat, verschweigt er. Darin ist festgehalten, dass die AIB allfällige Kosten zulasten von Kümin Bau vollumfänglich übernimmt.
 

«Wir werden es wohl knapp überleben, mussten aber bereits Personal entlassen.»

Markus Gresch, MGA AG, Lachen SZ


«Uns schuldet AIB rund 300'000 Franken», sagt Markus Gresch von der Lachener Firma MGA. «Wir werden es wohl knapp überleben, mussten aber bereits Personal entlassen.» Im Gegensatz zu Handwerkern kann er als Betreiber eines Planungsbüros nicht einmal seine Ausstände im Grundbuch eintragen lassen.

«Bei uns sind es «nur» 31'000 Franken, doch ist das viel, wenn man erst seit zwei Jahren selbständig ist und zwei chronisch kranke Kinder hat», sagt Sanitär Christian Dominguez, Inhaber der Acora Gebäudetechnik in Hochdorf.

Forderungen von Geschädigten mit angeblichen Schadensforderungen abzuschmettern, scheint eine von Aulingers Massnahmen, sich aus der Schusslinie zu nehmen. Etliche Betroffene sehen sich mit derartigen Drohungen konfrontiert. Auch Christian Dominguez. Ein Termin beim Friedensrichter blieb erfolglos. AIB bestritt die Forderung und halbierte sie laut Dominguez kurzerhand wegen angeblicher Schäden, die dieser verursacht habe. Quittungen für die Behebung dieser Schäden wollte AIB erst vor Gericht vorweisen. «Bei diesem Betrag lohnt sich der Gang vors Gericht nicht. Und das Geld haben wir sowieso nicht – offensichtlich», ärgert sich Dominguez. Dass solche Quittungen überhaupt existieren, bezweifelt er. Aulinger sieht das Ganze naturgemäss ganz anders.

Schwyzer Kantonalbank macht eine unvorteilhafte Figur

Selbst Firmen, die nicht direkt von AIB bezahlt werden, geraten finanziell unter Druck. Etwa der Architekt Christoph Lauener aus Wangen SZ. Er macht für vier Käufer von Bannäbni-Objekten die Bauherrenvertretung, erhält aber nur Geld, wenn gebaut wird. «Durch den Baustopp fehlen mir diese Einnahmen. Wenn meine Hausbank, die Schwyzer Kantonalbank, mir keinen Überbrückungskredit gibt, sieht es schwarz aus.» 

Genau diese Bank macht eine denkbar unvorteilhafte Figur im Bannäbni-Fiasko. Sie hat das Bannäbni-Projekt von Anfang an als Aulingers Hausbank begleitet.

«Bei den Verkaufsgesprächen hielt uns Herr Aulinger ein Empfehlungsschreiben der SZKB unter die Nase», ärgern sich die Hauskäufer. Dabei hätten alleine schon bei einem Blick ins Handeslregister die Alarmglocken schellen müssen. Allein in der Schweiz war Rolf Aulinger bis heute an 45 Firmen beteiligt. Die meisten hat er selber gegründet oder als Aktienmantel übernommen - und fast alle nach wenigen Jahren zu Grabe getragen. Sein jüngstes Kind ist eine im letzten Dezember gegründete Bau-Holding namens One Bau AG, in der seine Frau als Verwaltungsratspräsidentin fungiert. Eine Person aus dem Dunstkreis der AIB wurde bereits wegen Veruntreuung und Unterschriftenfälschung rechtskräftig verurteilt, was sich leicht im Internet nachprüfen lässt.

Man habe die branchenüblichen Kreditprüfungen vorgenommen, sagt SZKB-Sprecher Peter Geisser auf Anfrage. «Und die Erfahrungen aus früheren Bauprojekten mit der AIB waren positiv.» 

Die Bank schweigt

Monatelang hielt nicht nur Aulinger, sondern auch seine Bank die Gläubiger und Bauherren hin. Vor wenigen Wochen beauftragte die Kantonalbank das renommierte Zürcher Ingenieurbüro Basler & Hoffmann. Es kam zum Schluss: Die Funktionen Planung Bauleitung und Käuferbetreuung seien neu zu besetzen. Ein verbindlicher Bezugstermin könne keiner genannt werden. Wie hoch die Mehrkosten sein werden, wollte und konnte Basler & Hoffmann den Bauherren nicht bekanntgegeben, da der Auftraggeber die SZKB war. Und die schweigt erst mal.

«Die finanzielle Situation der AIB ist sehr angespannt», sagt der SZKB-Sprecher weiter. Dass die Bank angesichts der Kostenüberschreitungen Basler & Hoffmann auf eigene Kosten mit einer Situationsanalyse beauftragt hat, erstaunt.

Unter dem Motto «Das Beste kommt zum Schluss» bietet Aulinger derweil Eigentumswohnungen im Stirnrütipark in Horw LU an. Mit «Hypotheken zu marktgerechten Konditionen» ohne Eigenkapital. Wer das glaubt, wird vieles, aber sicher nicht selig.

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Martin Vetterli, stv. Chefredaktor
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