Eigentumswohnungen sind begehrt . In den letzten 20 Jahren hat sich ihre Zahl in der Schweiz um rund 250'000 auf 1,1 Millionen erhöht. Für all diese Stockwerkeigentümerinnen gilt: An Versicherungsfragen kommen sie nicht vorbei. Wer zahlt bei einem Wasserschaden? Wer haftet, wenn jemand verletzt wird? Was ist Sache der Stockwerkeigentümergemeinschaft? Wann ist der einzelne Eigentümer in der Pflicht?
Empfohlen oder freiwillig?
- Gebäudeversicherung (Elementarschäden)
- Gebäudehaftpflichtversicherung
- Gebäudewasserversicherung (Wasserschäden)
- Gebäudesachversicherung (Einbruch)
- Glasbruchversicherung
- Zusatzversicherungen (Erdbeben, Umgebung, Gebäudetechnik, Mietausfall)
Ausserdem:
Bei einem Unwetter überschwemmt der nahe Bach die Wiese. Das Wasser dringt trotz geschlossenen Kellerfenstern auch ins Mehrfamilienhaus der Stockwerkeigentümergemeinschaft ein und verwüstet die Kellerräume. Ein Fall für die Gebäudeversicherung, die in den meisten Kantonen obligatorisch ist. Meist gibt es dafür ein kantonales Monopol; in Obwalden, Schwyz und Uri kann man sie bei einer beliebigen Gesellschaft abschliessen. Kein Obligatorium besteht in den Kantonen Genf, Tessin, Wallis und Appenzell Innerrhoden (ausser Bezirk Oberegg).
Gebäudeversicherung
Auch wenn dafür kein Obligatorium besteht, ist sie dringend zu empfehlen. Die Gebäudeversicherung deckt Elementarschäden, verursacht durch Hochwasser, Sturm, Hagel, Schneedruck, Lawinen, Erdrutsch oder Steinschlag, sowie Feuerschäden. Man schliesst sie gemeinsam ab. Sie entschädigt zum Neuwert. Die Versicherungssumme richtet sich nach dem Wert des Gebäudes.
Das Tor der gemeinsamen Tiefgarage schliesst wegen einer Störung zu schnell und beschädigt ein herausfahrendes Auto. Hier übernimmt die Gebäudehaftpflichtversicherung. Sie deckt Haftpflichtansprüche, sofern das gemeinschaftlich genutzte Gebäude und Grundstück oder im Sonderrecht ausgeschiedene Gebäudeteile (etwa die eigene Wohnung) Ursache des Schadens sind. Die Gebäudehaftpflichtversicherung übernimmt auch, wenn jemand auf einer vereisten Treppe ausrutscht. Wenn die Waschmaschine eines Stockwerkeigentümers leckt und das einen Stock tiefer zu einem Wasserschaden führt. Oder wenn eine Stockwerkeigentümerin beim Rasenmähen die Beleuchtung im gemeinsamen Garten beschädigt. Bei der Übernahme dieser Schäden kann die Versicherung ihre Zahlung um die Eigentumsquote kürzen, also um jenen Teil, der der schädigenden Person gehört.
Gebäudehaftpflichtversicherung
Sie ist freiwillig, aber dringend empfohlen. Man sollte sie gemeinsam abschliessen. Sie deckt Personen- und Sachschäden und gilt auch für Schäden, die vom Lift, von Öltanks, Abstellplätzen, Autoeinstellhallen, Spielplätzen, Grünflächen oder gemeinsamen Schwimmbecken ausgehen. Sie entschädigt zum Zeitwert (siehe Checkliste). Als Deckungssumme sollte man mindestens fünf Millionen wählen, besser sind zehn (wegen möglicher Personenschäden).
Wenn aber die Tochter eines Stockwerkeigentümers den Ball in eine Fensterscheibe des Nachbarn kickt oder ein Stockwerkeigentümer beim Bilderaufhängen eine Wasserleitung anbohrt, ist dieser Schaden über die Privathaftpflichtversicherung abzuwickeln.
Geht etwas im Haushalt oder am Haus kaputt, wird der Zeitwert eines Einrichtungsgegenstands oder eines Bauteils anhand der durchschnittlichen Lebensdauer berechnet. Wie diese festgelegt ist, lesen Sie mit einem Beobachter-Abo in der Checkliste «Lebensdauer und Pflege von Bauteilen».
Eine Leitung bricht, das auslaufende Wasser verwüstet die Wohnräume einer Stockwerkeigentümerin. Wände, Parkett, Möbel und Teppiche werden beschädigt, sie sind unbrauchbar. Um die kaputten Wände und das verwüstete Parkett ersetzt zu bekommen, wendet sich die Wohnungsinhaberin an die Gebäudewasserversicherung der Gemeinschaft. Die beschädigten Möbel und Teppiche ersetzt ihr die eigene Hausratversicherung .
Gebäudewasserversicherung
Sie ist freiwillig, aber dringend zu empfehlen. Man sollte sie gemeinsam abschliessen. Die Gebäudewasserversicherung deckt auch Schäden durch Regen-, Schnee- und Schmelzwasser, Grundwasser, Rückstau aus der Kanalisation und übernimmt je nach Police weitere Kosten, etwa für das Freilegen, Zudecken und Zumauern von Wasserleitungen. Sie entschädigt zum Neuwert. Die Versicherungssumme richtet sich nach dem Gebäudewert.
Einbrecher verschaffen sich gewaltsamen Zugang zum Haus. Sie stehlen Velos aus dem gemeinsamen Abstellraum und brechen in die Parterrewohnung ein, wo sie einiges mitlaufen lassen. Die zerstörte Haupteingangstür und die beschädigten gemeinschaftlichen Gebäudeteile werden über die Gebäudesachversicherung abgewickelt. Die entwendeten Velos melden die Eigentümerinnen bei ihrer Hausratversicherung. An sie wendet sich auch der Eigentümer der Parterrewohnung, dem Gegenstände gestohlen wurden. Die Reparatur seiner beschädigten Wohnungstür übernimmt entweder die gemeinsame Gebäudesachversicherung oder seine Hausratversicherung.
Gebäudesachversicherung
Sie ist freiwillig und dann sinnvoll, wenn ein erhebliches Einbruchrisiko besteht. Man schliesst sie mit Vorteil gemeinsam ab. Es gibt Policen ohne Deckungslimiten und solche mit einer maximalen Deckungssumme.
Muss bei einem Einbruch der Eigentümer der Stockwerkeinheit die Türe zu seiner Wohnung ersetzen und bezahlen oder ist die Gemeinschaft dafür zuständig? Alle wichtigen Infos für Beobachter-Abonnentinnen und -Abonnenten.
Vielleicht haben starke Temperaturschwankungen das Oberlicht der gemeinsamen Tiefgarage bersten lassen. Diesen Schaden übernimmt die Glasbruchversicherung, sie ist ein Baustein der Gebäudesachversicherung.
Glasbruchversicherung
Sie ist freiwillig. Man schliesst sie mit Vorteil gemeinsam ab. Meist versichern Stockwerkeigentümergemeinschaften nur die Verglasungen der gemeinsam benutzten Räume (Treppenhaus, Eingangstür). Es gibt aber auch Policen, die alle Verglasungen eines Gebäudes abdecken, also auch die Fenster in den verschiedenen Stockwerkeinheiten, Glaskeramik-Kochfelder, Klosetts, Lavabos und so weiter. Wenn dies der Fall ist, kann der einzelne Stockwerkeigentümer auf einen Glasbruch-Zusatz in seiner Hausratversicherung verzichten, ausser er hat viel Mobiliar mit Glas.
Neben diesen Versicherungen gibt es Zusatzversicherungen für alle möglichen Risiken. Ein Abschluss der folgenden Zusatzversicherungen lohnt sich nur dann, wenn die Gemeinschaft die finanziellen Folgen dieser Risiken nicht tragen kann oder will. Eine Auswahl:
- Wer meint, eine Erdbebenversicherung sei Bestandteil der obligatorischen Gebäudeversicherung, liegt falsch (ausser im Kanton Zürich). Wer dieses Risiko absichern will, braucht eine separate Erdbebenversicherung.
- Die Umgebungsversicherung deckt Feuer- und Elementarschäden, also Sturm, Hagel, Überschwemmung, ab. Sie kann gemeinsam abgeschlossen werden für gemeinsame Gartenanlagen wie Wege, Treppen, Stützmauern, Beleuchtungen, Hecken, Brunnen, Pool. Das ist aber nur bei teuren, grossen Gartenanlagen sinnvoll. Die Versicherung kann von Stockwerkeigentümerinnen auch individuell abgeschlossen werden, für ihren privaten Garten.
- Die Gebäudetechnikversicherung zahlt, wenn Gebäudeanlagen wie Heizung, Lift, Erdsonden, Fotovoltaikanlagen ausfallen. Weitere Zusätze im Rahmen einer Gebäudesachversicherung gibt es für Brennstoffvorräte (Heizöl), für Vandalenschäden, für Marderschäden, für die Kosten einer Ersatzwohnung, falls die Wohnung vorübergehend unbewohnbar ist. Oder wenn man Gegenstände versichern möchte, die der Gemeinschaft gehören, beispielsweise Rasenmäher, Gartengeräte oder Reinigungsmaterial.
- Die Mietausfallversicherung ist für Stockwerkeigentümer interessant, die ihre Wohnung vermieten . Wenn Mieter wegen eines Wasserschadens vorübergehend ausziehen müssen, ist dieser Mietausfall bereits über die Gebäudewasserversicherung gedeckt.
- Es ist vorteilhafter, wenn die Stockwerkeigentümergemeinschaft Risiken gemeinsam abdeckt, denn dafür gibt es bessere Konditionen. Wenn allerdings ein Eigentümer für sein Sicherheitsbedürfnis keine Mehrheit findet , kann er sich separat versichern – für den Wert des Gebäudeteils, der ihm als Sonderrecht zugewiesen ist, plus seinen Wertanteil an den gemeinschaftlich benutzten Räumen.
- Wie immer gilt: Offerten einholen und Prämien vergleichen. Die Monopolanstalten ebenfalls anfragen, sie bieten teils auch Zusatzversicherungen an – Umgebungs- oder Gebäudewasserversicherung.
- Gebäude- und Gebäudewasserversicherung decken Schäden zum Neuwert. Deshalb sollten Eigentümergemeinschaften nach wertvermehrenden Um- und Anbauten (zum Beispiel Solaranlagen) darauf achten, dass die Versicherungssumme angepasst wird. Sonst droht eine Unterversicherung.
- Mangelnder Gebäudeunterhalt kann zu Leistungskürzungen führen. Darum muss die Eigentümergemeinschaft darauf achten, Wasserleitungen instand zu halten, verstopfte Leitungen zu reparieren, das Einfrieren von Leitungen zu verhindern, schadhafte Treppen zu flicken oder Schnee wegzuräumen .
- Stockwerkeigentümerinnen, die in der eigenen Wohnung leben, können bei der Privathaftpflichtversicherung das Mieterrisiko ausschliessen – das ergibt eventuell eine günstigere Prämie.
- Bei Bauvorhaben sind temporäre Versicherungen zu prüfen: Bauzeitversicherung (je nach Kanton obligatorisch), Bauherrenhaftpflicht- und Bauwesenversicherung. Ob es eine Zusatzdeckung braucht, entscheidet in der Regel die Gesamtbausumme; die Grenze liegt je nach Versicherung bei 100'000 oder 200'000 Franken.
- Stockwerkeigentümer haben das Recht auf Einsicht in die gemeinsamen Policen.
Lesen Sie mit einem Beobachter-Abo noch mehr Tipps und Hinweise im Merkblatt «Versicherungen im Stockwerkeigentum».




