«Mit 19 wurde ich unfruchtbar gemacht. Das war 1972.

Aufgewachsen war ich mehrheitlich bei einer Tante, der Grossmutter und in Pflegefamilien. Mein Vater war Alkoholiker und verprügelte meine Mutter. Mit 17 wurde ich selber Mutter. Der Vater meiner Tochter machte sich aus dem Staub, als sie noch ein Baby war. Um für unseren Lebensunterhalt aufzukommen, füllte ich in einem Laden Regale auf. Etwa zwei Jahre später verliebte ich mich erneut – und wurde wieder schwanger.

Irgendwie erfuhr mein Vormund davon, vermutlich erzählte es ihm meine Chefin. Und so versprach er mir einen Ausflug mit dem Auto. Endlich mal etwas Schönes, dachte ich. Doch er fuhr mich in die Psychiatrische Klinik Wil. Offenbar, um mich als ledige Mutter psychiatrisch abzuklären. Ich verstand überhaupt nicht, worum es eigentlich ging.

Einige Wochen später holte mich der Vormund wieder ab. Er sagte, ich müsse zu einer Untersuchung ins Kantonsspital St. Gallen. Aber es war eine abgekartete Sache. Er lieferte mich am Abend ab, ich erhielt eine Beruhigungsspritze. Am Morgen wurde ich auf einem Schragen in den Operationsraum gebracht.

Ein Arzt erkundigte sich, ob ich wisse, was für einen Eingriff er nun vornehmen werde. Ich wusste es nicht. Der Arzt verliess den Raum, wahrscheinlich rief er den Vormund an. Kurz darauf kam er wieder, das Prozedere nahm seinen Lauf.

Als ich aufwachte, wusste ich noch immer nicht, was passiert war. Eine stämmige Schwester bemerkte hämisch: ‹Sie haben es ja so gewollt.› Erst dann dämmerte es mir. Ich weiss bis heute nicht, wer den Eingriff angeordnet hat.

Im Arztzeugnis, das ich im Geschäft abgeben musste, hiess es, ich sei ‹wegen Unterleibsstörungen› krankgeschrieben. Diese Begründung macht mich noch heute wütend. Sie haben mir mein Kind weggenommen und mich unterbunden, sterilisiert, wie man so schön sagt. Und das nannten sie ‹Unterleibsstörungen›!»