Wenn es um Chefs geht, gibt es eine erstaunliche Diskrepanz zwischen dem, was man sich erzählt, und dem, was Sache ist. Geredet wird, als gäbe es nur die dort oben und uns da unten – und dazwischen nichts.

Doch die heutige Arbeitswelt sieht anders aus. Die Hierarchien sind flacher, die Idee vom scheinbar unfehlbaren Boss ist passé. Gefragt sind Gestalter und Impulsgeber, die die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden ebenso im Auge behalten wie die Unternehmensziele. Chefs, die offen kommunizieren, mit Fehlern positiv umgehen und ihren Kolleginnen und Kollegen die Chance geben, auch mal was Verrücktes zu tun. Sonst wirds nichts mit dem Klima der Kreativität.

Angesichts dieses fundamentalen Wandels verwundert das Interesse am Thema nicht. Googelt man «Chef», resultieren 662 Millionen Einträge. Sucht man auf Amazon Bücher zum Thema «Leader», erhält man 22'393 Treffer auf Deutsch und 180'381 auf Englisch.

Die hohe Aufmerksamkeit gründet aber auch im Wissen, dass gute Führung über den Erfolg von Unternehmen und ganzer Staaten entscheiden kann.

Martin Vetterli, stv. Chefredaktor

Quelle: Christian Schnur
Meist versagt die Führungsriege

Sie scheitern eher selten, weil sie auf die falsche Technologie setzen oder die Komplexität des Geschäfts unterschätzen. In den meisten Fällen versagt die Führungsriege.

Doch werden auch die richtigen Leute Chef? Eine Studie der Universität Lausanne lässt Zweifel aufkommen. Kinder mussten anhand von Fotos verschiedener Politkandidaten auswählen, wen sie auf ihrem Boot zum Kapitän machen. Mit überraschender Präzision setzten sie in den meisten Fällen auf die späteren Wahlsieger.

Man kann dieses Resultat mit Humor nehmen und sich freuen, dass die Wirtschaft nicht demokratisch funktioniert. Trotzdem bleibt ein schaler Nachgeschmack. Chefs werden offensichtlich diejenigen, die ein Chefgesicht haben.

Nachahmenswert: Das Kennedy-Prinzip

Er habe eigentlich bloss zwei Typen von Chefs erlebt, sagte letzthin ein Kollege, der kurz vor der Pensionierung steht: Chefs, die nur Leute anstellen, denen sie überlegen sind, und Chefs, die sich an den US-Präsidenten John F. Kennedy halten. Der hat mal gesagt: «Ein gescheiter Mann muss so gescheit sein, Leute anzustellen, die viel gescheiter sind als er.» Das Kennedy-Prinzip sei bestimmt richtig, sagt mein Kollege Gian Signorell. Er hat sich dem Thema unserer Titelgeschichte aber auf andere Art angenähert. 

Es fragt sich auch, was die ständige Chefschelte bringt. In erster Linie Entspannung. Lästern ist ein Ventil für Frustrierte. Man fühlt sich dabei überlegen und muss sich selbst nicht in Frage stellen.

Besser, man übernimmt selber das Zepter und managt seinen Chef, rät Signorell. Zwar ist in jeder Beziehung nicht nur einer schuld, sondern sind immer beide verantwortlich. Aber dennoch: Wir brauchen nicht nur gute Chefs, sondern vor allem intelligente Angestellte, die ihre Bosse managen.

Zur Titelgeschichte

 

Hilfe, mein Chef spinnt!

Ein schlechter Vorgesetzter macht das Arbeitsleben für die Mitarbeiter zu Hölle – und gefährdet den Erfolg der ganzen Firma. Höchste Zeit also für andere Chefs.

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Quelle: Christian Schnur

Der neue Beobachter ist da

Grenzkontrolle: Facebook-Freunde könnten Ihre Einreise gefährden / Kleine Verwahrung: Immer mehr Straftäter sind auf unbestimmte Zeit hinter Gittern / Autokauf: Dieselfahrzeuge verstossen gegen das Gesetz

Der Beobachter 4/2017 erscheint am Freitag, 17. Februar. Sie erhalten die Ausgabe am Kiosk, als E-Paper oder im Abo.

Quelle: Christian Schnur