Überraschend an der Begegnung mit Boris Blank, der musikalischen Hälfte des Duos Yello, ist seine Freude an der Selbstdarstellung. Der Mann, der in den Medien meist diskret im Schatten seines Partners Dieter Meier steht, fordert meine Lachmuskeln heraus: «Und jetzt, liebe Hausfrauen, brauchen wir ein spitzes Messer. Aber Obacht: Wir wollen uns ja nicht verletzen.» An diesem Mann ist ein Fernsehkoch verloren gegangen.

Boris Blank lebt mit seiner Familie in Zürich. Die Haushaltaufgaben sind heute gleich verteilt wie an den meisten Wochentagen: Ehefrau Patrizia Fontana kommt erst nach 19 Uhr nach Hause, Boris kümmert sich ums Nachtessen, teilweise assistiert von seiner Tochter Olivia. Das Kochbuch, das er für den italienischen Hackbraten konsultiert, hat er von A bis Z von Hand geschrieben. «Meine Frau kocht vieles aus dem Gefühl heraus», sagt er. «Ich muss sie jeweils zwingen, mir Schritt für Schritt zu verraten, was zu tun ist. Das macht sie aber höchst ungern, darum gibts dabei meistens Krach.»

So weit her ists mit dem Streit offenbar nicht, denn Blank zieht eine Augenbraue hoch und deutet damit an, dass er es nicht ganz ernst meint. Auch das Mise en Place hat er mehr zum Spass gemacht, für den Fotografen, wie er sagt, normalerweise werfe er die Zutaten direkt in den Topf.

Privat eher ein Technikmuffel


Seit mehr als 20 Jahren gibt Boris Blank in der Welt von Disco, House und Techno den Ton an, sein Klanguniversum wurde oft kopiert, aber nie erreicht. Auch wenn das neuste Album von Yello mit dem Titel «The Eye» nicht mehr mit der grenzenlosen Begeisterung aufgenommen wurde wie in den achtziger Jahren, spürt man doch bei jedem Kritiker grossen Respekt gegenüber dem Duo. Meier und Blank haben Millionen Tonträger verkauft und sind längst eine Institution geworden.

Plattenmillionär Boris Blank sieht sich jedoch nicht als Musiker: «Ich bin eher ein Forscher, der mit einem Rastermikroskop die Molekularstrukturen von Sounds analysiert, sie anschliessend demontiert und neu zusammensetzt.» Blank, der seit jeher lieber mit Soundmaschinen als mit Musikinstrumenten arbeitet, ist aber weit davon entfernt, ausschliesslich auf Technik zu setzen. Für den Privatgebrauch besitzt er bis heute keinen Computer und hat somit auch keine E-Mail-Adresse. Der Fortschritt hat in seinem Haushalt auf dem Stand des Faxgeräts Halt gemacht.

Wenns um kulinarische Genüsse geht, kommt Boris Blank ins Schwärmen, sei es von den fabelhaften selbst gemachten Teigwaren, die Patrizia in ihrem Comestible-Geschäft anbietet, oder von den frischen Erbsen, die er so liebe. Und da ist noch dieses Einmachglas mit dem Tee seiner Mutter, die jeweils von Frühling bis Herbst Dutzende Kräuter und Blumen sammelt und zu einem verführerisch duftenden Potpourri mischt: Silbermänteli, Schlüsselblumen, Pfefferminz, Brennnesseln, Huflattich, Holunderblüten, Erdbeerblätter – ich stecke die Nase hinein und atme den Duft einer ganzen Alpenwiese.

Wenn Boris Blank in seinem Studio im Parterre von Dieter Meiers Haus arbeitet, an eigenen CDs oder an Auftragsarbeiten für Filme oder Werbespots, ist er meist allein. Sein musikalischer Partner hat in Kalifornien und Argentinien zwei weitere Wohnsitze und ist entsprechend oft weg. Blank über seinen Arbeitsstil: «Ich ziehe mich zurück wie ein Eremit und arbeite sechs Tage pro Woche. Der Samstag ist dabei wie ein Bonus. Da kann ich geradebiegen, was von Montag bis Freitag schief gelaufen ist.» Nach der Arbeit nimmt er sich Zeit, um zu schwimmen, täglich einen Kilometer, seit Jahren. Das sei für die Gesundheit unerlässlich, denn «wenn ich geniessen will, muss ich dafür einen körperlichen Ausgleich leisten».

Während ich die Erbsen rüste, formt Boris Blank den Hackbraten, wendet ihn im Mehl und streichelt ihn wie ein lieb gewordenes Tier. Unterdessen ist Patrizia nach Hause gekommen und wird von ihm sogleich informiert, dass sie die Teigwarenchefin sei. Denn von der Pasta-Zubereitung verstehe niemand so viel wie sie.

Wir reden über die Vergangenheit. Blanks Signete waren zu meiner Zeit bei DRS3 in aller Ohr. «Oh yeah, tzk-tzkaaa!» Beim Sender waren wir stolz darauf, denn sie tönten frecher als die Jingles der Konkurrenz. Vermutlich würden sie in der heutigen konfektionierten Radiowelt erst recht positiv auffallen. So waren Blanks Werke treue Begleiter in meinem Studioalltag, während er meine Arbeit am Lautsprecher und am Bildschirm verfolgte. Persönlich begegnet sind wir uns damals aber nie.

Es pfeift, zirpt, schreit und grunzt


Während des Essens – der Hackbraten schmeckt grossartig – diktieren mir Boris und Patrizia das Rezept, wobei sie sich in den Details nicht immer einig sind. Aus der Stereoanlage swingen Hits aus den sechziger Jahren. Olivia tanzt zum Beat der Monkees. Hinter der Glasfront, weit unter uns, funkeln die Lichter der Stadt.

Einen Tag nach dem Besuch bei Boris Blank lege ich ein paar seiner CDs auf und höre mir die alten Yello-Sachen an. Immer wieder muss ich schmunzeln, denn da sind so viele witzige Überraschungen drin, da pfeift, zirpt, schreit und grunzt es, dass es eine wahre Freude ist. Ich hätte es aufgrund seiner Musik wissen müssen: Der Mann hat Humor.