Opernhausdirektor Alexander Pereira, 59, UBS-Verwaltungsratspräsident Marcel Ospel, 57, und Chirurg Walter Bär, 57, haben eine gemeinsame grosse Liebe: Sie teilen Tisch und Bett mit einer Lebenspartnerin, die ihre Tochter sein könnte. Bei Strahlemann Pereira beträgt der Altersunterschied zu seinem neuen «Darling» gar 39 Jahre.

Liebschaften mit grossem Altersunterschied sind nicht nur bei Prominenten salonfähig geworden. So war 2005 in der Stadt Zürich bei jeder achten Heirat der Mann zehn und mehr Jahre älter als die Frau, bei jeder 25. Eheschliessung traf dies auf die Frau zu.

Unter dem Motto «Lieben und lieben lassen» werden im Internet persönliche bis intime Erfahrungen und Erlebnisse ausgetauscht. Auf die pointierte Frage «Jungbrunnen oder Stressquelle?» schreibt Beni frisch von der Leber: «Seit über 20 Jahren bin ich mit einer 16 Jahre jüngeren Frau verheiratet. Wir lieben uns heute noch. Warum, versuchen wir nicht zu ergründen. Wir leben und geniessen hoffentlich noch viele Jahre.» Auch Claudine ist mit ihrem «deutlich älteren Partner» glücklich: «Das Alter spielt keine Rolle. Wir haben uns einfach auf unser Herz verlassen.»

Der Berner Paartherapeut Klaus Heer hält sich mit Ratschlägen generell zurück. Auch wenn zwischen Alexander Pereira und Daniela Weisser der Altersunterschied beträchtlich sei und beide unterschiedliche Lebensthemen verkörpern, sei es «vermessen», eine solche Partnerschaft zu verurteilen: «Man weiss in keiner Zweierbeziehung, was die beiden zusammenhält.» Das Zusammenleben sei immer eine Herausforderung.

Warum ein gesetzter Herr?
Auch bei auffallend grossem Altersunterschied sind die gegenseitigen Anziehungspunkte allzu menschlich, wie Umfragen zeigen: Junge Frauen schätzen bei gesetzten Herren finanzielle Sicherheit, Geborgenheit, Souveränität und Prestige, während sich ältere Männer durch Schönheit, Jugendlichkeit und Fruchtbarkeit zu Frauen im blühenden Alter hingezogen fühlen.

Der 62-jährige Zürcher Schriftsteller und Psychoanalytiker Jürg Acklin zögert keinen Augenblick bei der Frage, warum er seit acht Jahren mit seiner 21 Jahre jüngeren Partnerin Beate Schönegger zusammenlebe: «Es war ein Coup de foudre auf beiden Seiten», Liebe auf den ersten Blick. Diese Intensität habe nicht nachgelassen.

Wobei er nie nach Jüngeren «geschielt» habe. Es geschah, als er sich vor elf Jahren nach Sils Maria zurückgezogen hatte, um an seinem Buch «Das Tangopaar» zu arbeiten. Eines Mittags setzte er sich in ein Restaurant und bestellte eine Forelle blau. Ein Blickwechsel zwischen der Gastronomin und dem Gast - und es war um beide geschehen.

Den anderen als anders akzeptieren
Acklin hat zwei erwachsene Töchter, mit denen er engen Kontakt pflegt. «Die Frage nach Kindern stellte sich für mich nicht mehr», sagt er. Und doch: Wenn man mit einer jungen Partnerin eine so intensive Beziehung pflege, werde eine Standortbestimmung unausweichlich. Die Vorstellung, ihren natürlichen Wunsch nach einem Kind aufgrund seines eigenen Lebensentwurfs auszuschlagen, war für Acklin unerträglich. Zusammen entschieden sie, der Natur ihren Lauf zu lassen. Vor drei Jahren kam dann ihr Sohn zur Welt. «Heute kann ich mir nichts Schöneres vorstellen», schwärmt Acklin. Während er sich als Familienvater vor 20 Jahren noch dem Beruf und der Karriere widmen musste, kann er sich jetzt Zeit nehmen und an der Entwicklung seines Sohnes intensiv teilnehmen.

Der Psychoanalytiker mit eigener Praxis hat sich von Berufs wegen mit den besonderen Konflikten und Belastungsproben in einer solchen Liaison auseinanderzusetzen. Generell weist er auf folgende mögliche Reibungsflächen hin:

  • Spannungen zwischen der ersten Familie des Partners und der jetzigen sind absehbar. Als Mutter melden sich bei der neuen Partnerin andere Ansprüche. Sie wird sich klar, dass ihr Mann und Vater ihres Kindes kein unbeschriebenes Blatt ist.
  • Wenn die neue Lebenspartnerin vorher jahrelang voll im Beruf stand, gibt sie jetzt als Mutter einen Teil ihrer Eigenständigkeit auf und muss ein neues Umfeld aufbauen.
  • Während die Mutter begeistert die winzigsten Schritte in der Entwicklung ihres ersten Kindes registriert und kommentiert, sieht sich der Vater versucht, ständig mit früher zu vergleichen, weil er diese Situation in seiner ersten Familie schon mal erlebt hat. Die neue Partnerin kann den Eindruck gewinnen, er sei nicht ganz bei ihr.
  • Am Anfang idealisiert eine junge Frau ihren um Jahrzehnte älteren und reiferen Lebenspartner. Später kann der Putz abbröckeln.
  • Auf der anderen Seite beginnt der ältere Mann zu realisieren, dass er mit einer jungen Frau zusammenlebt, die Ecken und Kanten hat und anderen Interessen nachgehen will. Der Generationenunterschied kann auf beiden Seiten zu Enttäuschung, Verachtung oder gar Hass führen, wenn die Kommunikation ins Stocken kommt. Die Kunst besteht darin, die Partnerin oder den Partner wirklich als anders zu respektieren und einen gemeinsamen Schnittpunkt zu finden.

«Bei der Frau lässt die Verklärung ihres sichtlich alternden Liebhabers zwangsläufig nach», erklärt Psychoanalytiker Acklin. Der Mann wiederum habe dann verloren, wenn er mit gockelhaftem Gebaren den Wettlauf mit Jüngeren aufnehmen wolle. Damit mache er sich zum Totengräber der Beziehung.

Der Altersunterschied stellt nicht nur die Partnerschaft auf die Probe, sondern beeinflusst auch die Beziehung zwischen Vater und Kind. «Diese Auseinandersetzung fordert mich jetzt schon», gesteht Vater Acklin. Wenn er selber einen guten Umgang mit dieser Lebenssituation finde, sei es für seinen Sohn auch einfacher. Seine Stärke als 60 Jahre älterer Vater sieht er in der Gelassenheit, der Erfahrung und der frei verfügbaren Zeit - bei hoffentlich guter Gesundheit.

So bleibt die Liebe jung

  • Erst wenn Sie gemeinsam erste Krisen durchgestanden haben, können Sie abschätzen, wie tragfähig und belastbar Ihre Beziehung wirklich ist.
  • Sprechen Sie ausführlich über Lebenspläne, Vorstellungen, Wünsche und Bedürfnisse, die Sie beide haben. Das macht schnell deutlich, wo Konflikte zu erwarten sind.
  • Gehen Sie davon aus, dass Sie mehr Kompromisse schliessen und Konflikte meistern müssen als in einer herkömmlichen Partnerschaft. Fallen Sie nicht in die Vater-Tochter- oder Mutter-Sohn-Rolle. Niemand sollte dominieren, weder der ältere mit
    seiner Erfahrung noch der jüngere mit seiner Unbeschwertheit.
  • Machen Sie sich darauf gefasst, dass nicht alle Angehörigen, Freunde und Bekannten Ihre Wahl gutheissen.
  • Stellen Sie sich darauf ein, dass der jüngere Partner sich weiter entwickelt und Schritte durchläuft, die Sie schon lange hinter sich haben. Unterstützen Sie ihn bei diesem Prozess.

Quelle: Forum für Entspannung, Ursi Spaltenstein; www.ursispaltenstein.ch