Nichtsahnend trete ich ins Bad – und damit in eine einzige Wasserlache. Unsere beiden Töchter haben sich beim Händewaschen vergnügt. Soll ich nun lachen oder schimpfen? Das Malheur ist ja nicht aus böser Absicht, sondern im Spiel- und Forschungsdrang geschehen. Trotzdem sollen die beiden wissen, dass ich ein solches Wasserbad nicht mag. Ihr Tun soll also eine Konsequenz nach sich ziehen. Ich fordere sie deshalb ruhig und klar auf, den Boden aufzuwischen. Nun putzen beide um die Wette. Selbstverständlich lasse ich es nach der Wiedergutmachung nicht an Lob mangeln.

Früher hätte eine Mutter in dieser Situation wohl härter reagiert. Über Jahrhunderte hinweg galt es als angemessen, den Willen des Kindes zu brechen. Nur so, glaubte man, könnten sie zu gefügigen Mitgliedern der Gesellschaft geformt werden. «Wer sein Kind liebt, züchtigt es», hiess es. Glücklicherweise wird in unserer westlichen Kultur diese «schwarze Pädagogik» kaum mehr praktiziert.

Strafen im heutigen Sinne heisst, eine Konsequenz auf ein Grenzen überschreitendes Tun folgen zu lassen. Je logischer eine solche «Strafe», desto wirksamer ist sie. Sie muss in möglichst engem Zusammenhang mit der Handlung des Kindes stehen und zeitlich nahe darauf erfolgen.

Doch eine logische und sinnvolle «Strafe» hat man nicht immer auf die Schnelle parat. Dann darf man sich ruhig Bedenkzeit nehmen. Wie etwa beim Teenager, der den Klavierunterricht geschwänzt hat, aber dennoch am Abend zur Party will. Ihm die Party zu verbieten wäre weder logisch noch wirksam. Besser, der Teenager entschuldigt sich bei der Klavierlehrerin telefonisch und geht nächstes Mal wieder hin. Falls nicht, dürfen danach durchaus «härtere» Strafen aufgebrummt werden. Idealerweise klärt man im Gespräch, was hinter dem Problemverhalten steckt und wie es künftig vermieden werden kann.

So eine logische «Strafe» ist nicht das einzige Mittel, das mit gutem Gewissen angewendet werden kann. Eine Auszeit von wenigen Minuten zeigt auch Wirkung. Ziel ist, dass das Kind in seinem Tun unterbrochen wird, wenn es nicht gehorcht. Nach dem Time-out muss es tun, was von ihm verlangt wurde. Trotzen beim Kleinkind begegnet man am besten mit Ignorieren. Und Regelbrüche bei Teenagern kann man mit Verhaltensverträgen angehen.

Eine nachhaltige Veränderung beim Kind erfolgt nur, wenn Eltern konsequent sind – das heisst, jedes Mal sofort und bestimmt auf Problemverhalten reagieren.

Manche Eltern erwarten jedoch zu viel vom Nachwuchs oder reagieren zu heftig. Die Folge: Das Kind wird störrisch und fühlt sich abgelehnt. Das darf nicht sein, sonst kommt es zur Negativspirale, und das Kind versucht sich Zuwendung durch schlechtes Verhalten zu holen.

Oft strafen Eltern dann zu hart, wenn sie selber unter Stress stehen. Oder wenn sie dem Treiben zu lange untätig zugesehen haben. Schliesslich verliert man die Nerven, wird laut, überreagiert.

Wer sein Kind zu Selbstvertrauen und Eigenverantwortung erziehen möchte, tut gut daran, die angewandten Methoden zu überdenken und auch mal etwas Neues auszuprobieren. Fragen Sie Ihr Kind doch mal, welche «Strafe» es denn selber als angemessen empfindet – und lassen Sie sich überraschen!