Wenn der Schwangerschaftstest positiv ausfällt, geht für viele Frauen ein Traum in Erfüllung. Doch ist die Betroffene ein Teenager, fühlt es sich eher an wie ein Alptraum. Die damals 17-jährige Cornelia erinnert sich, wie sie zwei Tage lang völlig neben sich stand und keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Sie wünschte sich nur, dass all das nicht wahr ist. Sie war mitten in der Ausbildung als Verkäuferin, der Vater des Kindes war kaum älter als sie und hatte sich bereits wieder von ihr getrennt.

Nach zwei Tagen weihte sie ihre Eltern ein. Mit Gleichaltrigen sprach sie nicht über ihren Zustand. Zu gross war die Angst, dass sie in der Clique zum Gesprächsthema werden könnte. Wie vorschnell und grausam Jugendliche über andere urteilen, hatte sie erlebt, als es von der Schwester einer Kollegin hiess, sie sei schwanger. Von Mitgefühl, Solidarität oder Verständnis keine Spur. Stattdessen kamen Bemerkungen wie «So blöd kann man doch nicht sein, nimmt die denn keine Pille?» oder «Das hat sie davon, wenn sie ohne Verhütung mit jedem ins Bett springt!».

Teenager wenden Verhütungsmittel eher falsch an als Erwachsene

Tatsächlich scheint es schwer nachvollziehbar, dass eine Jugendliche heutzutage schwanger wird. Die Verhütung gehört in den meisten Schulen und oft auch in der Familie zum Pflichtstoff, auch Minderjährige bekommen selbstverständlich die Pille verschrieben, und Kondome gibt es praktisch überall zu kaufen.

Doch viele Schwangerschaften entstehen trotz Verhütungsmitteln. Teenager sind im Umgang damit noch unerfahren. Bei ihnen liegt die Versagensquote der Pille mit 5 bis 18 Prozent weit über dem Durchschnitt von 0,1 bis 4. Auch Kondome schützen bei Jugendlichen weniger zuverlässig vor einer Schwangerschaft als bei Erwachsenen. Und nach wie vor fehlt es gerade jungen Frauen an Durchsetzungsvermögen gegenüber ihrem Partner.

Dennoch zeigt der offene Umgang mit dem Thema Sexualität Erfolg: Laut Bundesamt für Statistik sinkt die Schwangerschaftsrate bei Schweizer Teenagern seit Jahren kontinuierlich und ist eine der tiefsten in Europa. Der Anteil der Teenagergeburten lag 2020 bei 0,3 Prozent. Auf 1000 Frauen zwischen 15 und 19 Jahren kamen 3,5 Schwangerschaftsabbrüche. Bei den unter 16-jährigen lag die Abbruchquote bei 0,7 Prozent.

Die schwangere Jugendliche entscheidet über ihren Körper

Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch gibt es viele. Etwa wenn man wie Cornelia noch keine abgeschlossene Ausbildung hat und finanziell von den Eltern abhängig ist. Oder wenn die Beziehung zum Vater des Kindes erst kurz oder bereits wieder beendet ist. Obwohl das nicht die günstigen Bedingungen sind, um ein Kind in die Welt zu setzen, sollte man in Gedanken alle Möglichkeiten durchspielen. Denn wenn für die Eltern nur ein Abbruch in Frage kommt, kann das bei der Jugendlichen Auflehnung und Selbstüberschätzung schüren. Gefühle, die es ihr unnötig erschweren, die für sie richtige Entscheidung zu fällen.

Das letzte Wort hat die Schwangere, egal, wie alt sie ist. Ohne ihre Einwilligung darf der Arzt keine Abtreibung vornehmen. Umgekehrt kann sie in den ersten drei Monaten jederzeit beschliessen, die Schwangerschaft abzubrechen. Wenn sie ihren Zustand vor den Eltern oder dem Partner geheim halten muss, haben Ärzte auch das zu respektieren.

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Befinden sich Jugendliche in der Pubertät, wollen sie neue Erfahrungen machen. Die eigene Selbständigkeit, die erste Liebe oder das Ausgehen mit anderen Kollegen gehören zu den Themen, die Eltern verunsichern können. Beobachter-Abonnenten erhalten Ratschläge von kompetenten Fachexperten, was sie in dieser Lebensphase der Kinder erwartet.

Teenager und Eltern werden bei der Entscheidung unterstützt

Allen anderen wird geraten die Eltern so schnell wie möglich über die Schwangerschaft zu informieren. Die bevorstehenden Wochen werden auch mit deren Unterstützung nicht einfach. Die Jugendlichen stehen unter Schock und müssen die vielleicht schwierigste Entscheidung ihres Lebens treffen. Hinzu kommt der Zeitdruck, weil eine Abtreibung innerhalb der Fristenregelung nur in den ersten zwölf Wochen möglich ist. Oft fühlen sich angesichts dieser Problemlast auch die Eltern überfordert.

Unterstützung bieten die Familienplanungsstellen. Hier stehen Jugendlichen und Eltern neutrale Fachpersonen zur Verfügung, die dabei helfen, Schuldgefühle und Ängste abzubauen und wieder klarer zu denken. Das Angebot ist gratis und kann so oft wie nötig genutzt werden.

Für Schwangere unter 16 Jahren ist mindestens ein Gespräch bei einer dafür zugelassenen Beratungsstelle obligatorisch. Es kommt aber vor, dass Ärzte vor einem Abbruch auch ältere Jugendliche vorbeischicken.

Eltern von jugendlichen Schwangeren sollten versuchen, ihrer Tochter den Raum zu geben, um sich in aller Ruhe zu entscheiden und ihr dann den Rücken zu stärken. Denn letztlich ist es die Schwangere, die die Konsequenzen tragen und deshalb dahinterstehen muss.

Verarbeitung des Erlebten durch offenen Austausch

Wenn junge Frauen hinter ihrer Entscheidung stehen können, verarbeiten sie eine Abtreibung relativ gut. Kurz danach fühlen sie sich vor allem erleichtert. Später können auch Trauer und Schuldgefühle auftauchen. Diese widersprüchlichen Gefühle sind eine normale Reaktion auf eine Entscheidung, die niemand leichtfertig trifft – und sind am besten zu verarbeiten, wenn man zu Hause weiterhin offen darüber sprechen kann. Denn, wie jede andere einschneidende Erfahrung im Leben hinterlässt auch ein Schwangerschaftsabbruch Spuren.

Verhütung für Jugendliche
  • Als Alternative zur Pille gibt es heute das Verhütungspatch (Evra) oder den Scheidenring (Nuvaring). Dennoch bleibt die Pille das Verhütungsmittel Nummer 1 bei jungen Frauen. Die Nachteile: Sie ist relativ teuer, nur auf Rezept erhältlich und muss täglich eingenommen werden. Und es gibt Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten wie Antibiotika.
  • Langzeit-Verhütungsmittel wie die Dreimonatsspritze, Implanon oder Spirale sind für Jugendliche wenig geeignet.
  • Kondome schützen zusätzlich vor Geschlechtskrankheiten wie Syphilis oder Tripper (Gonorrhoe) und sind nach wie vor das einzige Verhütungsmittel für Männer. Nachteil: Junge Männer wenden sie nicht immer korrekt an, so dass sie abrutschen oder reissen können.
  • Die allgemeine Empfehlung an Jugendliche lautet, gleichzeitig Pille und Kondom zu benutzen.
Die «Pille danach»

Die «Pille danach» verzögert den Eisprung und hemmt den Transport von Eizelle und Spermien sowie die Befruchtung und Einnistung des Eis. Wird sie innert 24 Stunden nach einer Verhütungspanne (geplatztes Kondom, Vergessen oder Erbrechen der Pille, ungeschützter Verkehr) geschluckt, verhindert sie ziemlich sicher eine Schwangerschaft.

Sie kann bis zu 72 Stunden «danach» angewendet werden, wirkt dann aber etwas weniger zuverlässig. Erhältlich ist sie – verbunden mit einem obligatorischen Beratungsgespräch – rezeptfrei und ohne Altersbeschränkung in jeder Apotheke.

Weitere Infos

Informationen zur Fristenregelung, zum Ablauf eines Schwangerschaftsabbruchs sowie eine Liste aller Beratungsstellen in der Schweiz: www.svss-uspda.ch