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Darum geht es bei der EL-Revision:
Vermögensfreibetrag
Bisher wurden Vermögen bis 37'500 Franken bei Einzelpersonen und 60'000 Franken bei Ehepaaren für die Berechnung von Ergänzungsleistungen (EL) nicht mitkalkuliert. Erst ab diesen Beträgen werden Teile des Vermögens als Einkommen angerechnet. Bei IV-Rentnern zu einem Fünfzehntel, bei AHV-Rentnerinnen zu einem Zehntel und in vielen Kantonen bei Heimbewohnerinnen zu einem Fünftel. Ab nächstem Jahr werden die Freibeträge gekürzt: für Einzelpersonen auf 30'000 Franken, für Ehepaare auf 50'000 Franken.
Beispiel: Die alleinstehende AHV-Rentnerin A hat 80'000 Franken Kapital. Ihr werden im ersten Jahr 5000 Franken als Einkommen angerechnet (80'000 Franken abzüglich 30'000 Freibetrag, davon ein Zehntel). Ihre EL sind damit um 5000 Franken reduziert.
Der Freibetrag für Vermögen in selbstbewohnten Liegenschaften bleibt bei 112'500 Franken. Das hilft, dass man in seiner Wohnung oder seinem Haus bleiben und bei Bedarf dennoch EL beziehen kann.
Vermögen, auf das verzichtet wurde
Weiterhin wird Vermögen, auf das man freiwillig verzichtet, etwa weil man es verschenkt, angerechnet, als sei es noch da. Erst ab dem zweiten Jahr nach der Schenkung wird das Vermögen um 10'000 Franken pro Jahr vermindert.
Beispiel: Herr B hat seinen Kindern vor fünf Jahren 100'000 Franken geschenkt. 2020 meldet er sich für EL an. Zu diesem Zeitpunkt werden ihm noch 60'000 Franken als Verzichtsvermögen angerechnet. Damit hat er weniger oder unter Umständen keine EL zugut.
Übermässiger Verbrauch
Neu wird bei AHV-Renterinnen und -Rentnern zusätzlich kontrolliert, wie sie ihr Vermögen in den letzten zehn Jahren vor der Anmeldung für die EL verwendet haben. Wenn sie zu viel Kapital verbraucht haben, wird dieser Teil als Verzichtsvermögen angerechnet, als wäre das Geld noch vorhanden.
Wer zum Zeitpunkt der Pensionierung mehr als 100'000 Franken Vermögen hat, darf jährlich zehn Prozent verbrauchen.
Beispiel: Frau C ist 63 und will mit der Familie eine Weltreise machen. Sie hat 200'000 Franken Vermögen, für die Reise braucht sie 100'000, also 80'000 mehr als die erlaubten zehn Prozent des Vermögens. Wenn sie einen Antrag auf EL stellt, werden ihr die 80'000 Franken als Vermögen aufgerechnet. Sie erhält weniger oder eventuell gar keine EL.
Wenn das Vermögen von zukünftigen Altersrentnern unter 100'000 Franken liegt, dürfen sie pro Jahr 10'000 Franken verbrauchen. Nicht angerechnet wird der übermässige Verbrauch, wenn das Geld verwendet wird für:
- Werterhalt des eigenen Hauses oder der eigenen Wohnung;
- Kosten im Zusammenhang mit Krankheit oder Behinderung, die nicht von Versicherungen getragen werden;
- zahnärztliche Behandlungen;
- Auslagen für den Beruf;
- Aus- und Weiterbildungen, sofern sie beruflich bedingt sind;
- Lebenshaltungskosten, wenn eine zukünftige EL-Bezügerin frühzeitig aus dem Erwerbsprozess scheidet und den Lebensunterhalt mit dem Vermögen finanzieren muss.
Die Revision tritt am 1. Januar 2021 in Kraft, ab dann gilt auch die Frist für den «übermässigen Verbrauch». Wer im Jahr 2021 EL-Neurentner wird, ist dennoch nicht betroffen, weil der «übermässige Verbrauch» vorher stattfand.
2021 gibt es Änderungen bei den Ergänzungsleistungen. Das Merkblatt «EL-Revision» fasst für Beobachter-Abonnenten zusammen, welche Mietzinsmaxima nach Region gelten, welche Grenzen beim Vermögen beachtet werden müssen und was sich für Paare im Konkubinat verändert.
Keine EL mehr für Vermögende
Neu werden EL-Stellen bei Vermögenden keine Anträge mehr prüfen . Als vermögend gelten Alleinstehende ab 100'000 Franken Vermögen, Ehepaare ab 200'000 Franken und zuzüglich für Kinder 50'000 Franken. Der Wert des selbstbewohnten Eigenheims zählt nicht dazu. Damit ist für die EL-Rechnung bei Einzelpersonen nur das Vermögen zwischen 30'000 (Freibetrag) und 100'000 Franken zu berücksichtigen und bei Paaren zwischen 50'000 (Freibetrag) und 200'000 Franken.
Rückerstattung durch die Erben
Noch gravierender ist die neue Rückerstattungspflicht : Erhält ein Erbe eines ehemaligen EL-Bezügers mehr als 40'000 Franken, muss er ab 2021 die EL-Leistungen des Verstorbenen der letzten zehn Jahre zurückzahlen. Falls der Verstorbene verheiratet war, gilt die Rückerstattungspflicht erst, wenn beide Ehepartner verstorben sind. Falls EL-Bezüger Wohneigentum hatten, kann dies je nach Umständen dazu führen, dass die Nachkommen das Haus verkaufen müssen, um die EL-Bezüge ihrer Eltern zurückzahlen zu können.
EL-Rückerstattung: Anwendungsbeispiele
Nein. Von der Gesetzesrevision sind nur Leistungen der EL betroffen, die ab 1. Januar 2021 bezogen werden.
Nein. Nur wenn der Nachlass der verstorbenen Person höher ist als 40'000 Franken.
Nein. Denn die EL müssen Sie nicht aus der eigenen Tasche zurückzahlen. Sie werden dem Nachlass entnommen – sofern er 40'000 Franken übersteigt.
Auf die Rückerstattung der EL hat eine Ausschlagung keinen Einfluss. Denn nur der Nachlass haftet für die bezogenen Leistungen, nicht die Erben persönlich.
Nein. Bei Ehepaaren erfolgt die Rückerstattung erst beim Zweitverstorbenen.
Nein, als EL-Bezüger bleiben Sie von der Rückerstattungspflicht ausgenommen. Das heisst: Wenn Sie eine grosse Erbschaft machen, verlieren Sie zwar Ihren EL-Anspruch, müssen bereits bezogene Leistungen aber nicht zurückzahlen – wohl aber die Erben respektive der Nachlass.
Übergangsfrist
Bei der Einführung des neuen EL-Gesetzes gilt eine Übergangsfrist von drei Jahren. Wenn sich die EL-Ansprüche verringern, haben bisherige Bezüger noch drei Jahre lang die bisherigen Zahlungen zugut. Falls sich durch die Revision eine Erhöhung der EL ergibt, wird sie ab 2021 ausgerichtet.
328'000 Menschen brauchen Unterstützung
Seit dem Jahr 2000 hat sich der Bezug von Ergänzungsleistungen mehr als verdoppelt – auf fünf Milliarden Franken. Die Anzahl Bezügerinnen und Bezüger ist von 203'000 auf 328'000 gestiegen. Eine weitere Zunahme ist zu erwarten, weil die Menschen im Schnitt immer älter werden. Das Bundesamt für Sozialversicherungen rechnet für 2030 mit Ausgaben von 6,9 Milliarden Franken.
58 Kommentare
Und wieviel ist es bei AHV-Rentner und Heimbewohner? Das steht leider nicht im Text.
Eine Frage zum übermässigen Verbrauch: Als Selbständigerwerbende bin ich nicht in der 2. Säule versichert, sondern über die Säule 3a. Ich rechne damit, dass ich von meinem so Gesparten pro Jahr mehr als 10 000 Franken für den Lebensunterhalt werde brauchen müssen. Was heisst das für einen allfälligen späteren EL-Antrag?
Die genaue Auswirkung lässt sich noch nicht beantworten, weil noch nicht bekannt ist, wie die Durchführungsstellen den neuen Artikel 17b Absatz 3 Buchstabe b Ziffer 6 in der Verordnung über die Ergänzungsleistungen (ELV) interpretieren werden. Dort steht, dass Vermögensverminderungen aufgrund von Ausgaben für den gewohnten Lebensunterhalt der versicherten Person während der Jahre vor dem Bezug der jährlichen Ergänzungsleistung, wenn das erzielte Einkommen unzureichend war, für die Ermittlung der Höhe des Verzichts auf Vermögen nicht berücksichtigt werden. Eventuell können Sie so viel vom Vermögen verbrauchen damit dieser Vermögensverbrauch zusammen mit den anderen Einnahmen (z.B. der AHV-Rente und Vermögenserträgen) ausreicht um den gewohnten Lebensunterhalt zu finanzieren ohne, dass dies später zu einer Kürzung des Anspruchs auf Ergänzungsleistungen führt. Wenn Ihre Ausgaben für den Lebensunterhalt aber steigen (mehr als von Ihnen gewohnt) kann es später zu einer Kürzung des Anspruchs auf EL oder zu einem Verlust des Anspruchs auf EL kommen.
„ bei AHV-Rentnerinnen zu einem Zehntel “ Das bedeutet das sich bei AHV-Rentner, nichts ändert. Habe Ich das richtig verstsnden?
Sie haben das nicht richtig verstanden. Die jährliche Anrechnung eines Zehntels des über dem Freibetrag liegenden Teils des am 1. Januar des jeweiligen Jahres vorhandenen Reinvermögens bei zu Hause lebenden AHV-Rentnern hat sich nicht geändert. Aber die Höhe des Freibetrags für das Reinvermögen wird ab 1. Januar 2011 bei alleinstehenden Personen von 37'500 Franken auf 30'000 Franken und bei Ehepaaren von 60'000 Franken auf 50'000 Personen vermindert. Wegen einer Übergangsbestimmung im Gesetz gilt für Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen, für die die EL-Reform insgesamt einen tieferen Betrag der jährlichen Ergänzungsleistungen oder einen Verlust des Anspruchs auf eine jährliche Ergänzungsleistung zur Folge hat, während dreier Jahren ab Inkrafttreten dieser Änderung das bisherige Recht (also bis 31. Dezember 2023).
Die Grafik zum Artikel über EL kürzungen ab 21 empfinde ich als deplaziert: glänzende Porzellan-Sparschweine, welche wohl gleich Lemuren, welche über die Klippe springen.
Dies entspricht keineswegs der Existenzsicherung, welche der EL zugrunde liegt.
Jetzt haben wir "geschlachtene" Schweine, welche ohne diese substanzielle Unterstützung kein Auskommen haben (Dach über dem Kopf, geeignete Nahrung). Unsere Gesellschaft lebt von der Pluralität, so meine ich. Dies ist ein Schritt zurück, der einen weitere Abgrund hinter uns auftut! Insofern kein Dank dem Grafiker und keinen auch der Autorin, die das akzeptiert hat.
Lieber Leser, liebe Leserin, vielen Dank für Ihre Rückmeldung, die wir gerne so aufnehmen und respektieren. Uns ist klar, dass das Bild verschieden interpretiert werden kann. Letztlich geht es bei der EL-Revision darum, dass der fahrlässige Umgang mit vorhandenem Vermögen stärker geahndet wird. Darum haben wir uns als symbolisches Bild für die Sparschweine entschieden.
Freundliche Grüsse, Ihre Beobachter Online-Redaktion