Tatzeit: Sonntag, 30. April. Tatort: AKW Mühleberg, aareseitig. Verdächtige Person: Mann mit grünem Rucksack. Delikt: fotografiert Wanderweg neben vier Meter hohem Zaun und Kraftwerk dahinter.

Der Mann heisst Markus Bieri und ist weder Spion noch potenzieller Attentäter. Er ist Musiklehrer. Der 64-Jährige macht einfach gern lange Wanderungen, diesmal von Bern nach Aarberg. Seine Ausflüge dokumentiert er jeweils mit der Handykamera.

«Sie wollten die genauen Personalien»

«Kurz nachdem ich fotografiert hatte, waren da zwei uniformierte Männer. Erst hielt ich sie für Polizisten», erzählt Bieri. «Sie stellten sich als Sicherheitspersonal des AKW vor und verlangten meinen Ausweis. Ich hatte aber nur mein SBB-Abo dabei. Deshalb musste ich meine Personalien bis hin zum Geburtsort angeben.» Damit nicht genug. Sie behaupteten, das Fotografieren der Anlage sei verboten. Bieris Hinweis, dass nirgends Verbotsschilder darauf aufmerksam machten, beeindruckte sie nicht. «Ich musste vor ihren Augen alle Bilder löschen, die ich vom AKW aufgenommen hatte.»

Tatsächlich führt der Wanderweg laut Mühleberg-Betreiberin BKW über firmeneigenes Gelände, das als Privatgrund ausgeschildert sei. Fotografieren sei nicht grundsätzlich verboten, doch es handle sich um «sicherheitsrelevantes Vorgelände». Gemäss Kernenergiegesetz, so die Pressestelle, dürften hier keine Aufnahmen gemacht werden, die die Sicherheit von Personen oder Kernanlagen, etwa von Sicherungs- und Überwachungseinrichtungen, gefährden.

Allerdings hätten die Männer der Betriebswache als Angestellte eines privaten Sicherheitsdienstes Bieri nicht zwingen können, seine Personalien anzugeben, geschweige denn seine Fotos zu löschen – dazu fehlt ihnen die rechtliche Handhabe. Diese ist der Polizei vorbehalten.
Der Musiklehrer nimmts mit Humor: «Jetzt habe ich zwar keine eigenen Bilder für mein Fotoalbum, konnte aber identische Bilder aus nächster Nähe 
und in hoher Qualität aus dem Internet herunterladen.»