Wenn ein Festgenommener vor der Einvernahme nicht darüber informiert wurde, dass er ein Recht zu schweigen hat, darf seine Aussage im Strafverfahren grundsätzlich nicht verwendet werden. Das hat das Bundesgericht neu direkt aus der Bundesverfassung abgeleitet.

Die Beschwerde eines Angeschuldigten wurde damit gutgeheissen. Er hatte ein Geständnis abgelegt, ohne dass er zuvor auf sein Schweigerecht hingewiesen worden war. Das Urteil muss nun vom kantonalen Gericht lediglich gestützt auf die übrigen Beweise und ohne Verwendung der Aussageprotokolle gefällt werden.

Die Ausnahmen: Das Verbot, Aussagen zu verwerten, wenn die angeschuldigte Person nicht auf das Schweigerecht hingewiesen wurde, gilt laut Bundesgericht nicht, wenn die Person ihr Schweigerecht kannte und dennoch aussagte. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Festgenommene einen Verteidiger hat. Das Verwertungsverbot gilt ebenso wenig, wenn das öffentliche Interesse an der Wahrheitsfindung wegen der Schwere der Tat sehr viel höher wiegt als das Recht zu schweigen. Das dürfte etwa bei einem vermuteten Massenmörder oder Terroristen der Fall sein.

Bundesgericht, Urteil vom 18. Mai 2004 (1P.635/2003)