An die ersten Symptome kann sich Viola Hold (Name geändert) kaum noch erinnern. Kleine Aussetzer beim Sport, kleine Fehltritte, sie war schon immer überbeweglich. Doch dann landete sie bei einer Vorführung mit dem Turnverein nach einem Flickflack unglücklich und verdrehte sich den linken Fuss. Die Verletzung heilte nicht, weitere kamen hinzu. Und Schmerzen, die stärker und stärker wurden.

Das war 2016, Viola war elf.

Es war der Beginn einer jahrelangen Odyssee durch Spitäler. Mindestens zwanzigmal war sie in den vergangenen sechs Jahren in der Klinik oder in der Reha, teilweise monatelang. Dutzende Male musste die Ambulanz sie notfallmässig ins Spital bringen, weil sie vor Schmerzen schrie, ihr Körper völlig verdreht war, sie nicht mehr laufen konnte. In der Schule fehlte sie immer öfter.

Ein Jahr nach dem Turnunfall – Viola besuchte die sechste Klasse – machte die Schule wegen der vielen Absenzen eine Gefährdungsmeldung bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb). Die Ärzte diagnostizierten, das Mädchen sei psychisch krank, es leide an einer «dissoziativen Bewegungsstörung». Typisch dafür ist der vollständige oder teilweise Verlust der Bewegungsfähigkeit. Ursache ist meist ein traumatisches Erlebnis.