Verhütung: Viele Frauen haben Mühe mit Antibabystäbchen
Rückschlag für das Hormonstäbchen Implanon: Jede fünfte Frau reagiert mit Blutungsstörungen, Akne und Kopfschmerzen auf die Alternative zur Antibabypille.
Veröffentlicht am 19. Dezember 2000 - 00:00 Uhr
Auch Ex-Miss-Schweiz Melanie Winiger liess sich einen einpflanzen, aber nicht für lange. Schon nach knapp einem halben Jahr wurde der weisse daumenlange Stick wieder entfernt.
Die Rede ist vom Implanon, einer neuen Langzeit-Verhütungsmethode in Stäbchenform. Der Stick wird in den Oberarm der Frau implantiert, gibt dort während dreier Jahre das Hormon Gestagen ab und sorgt so für eine sichere Verhütung.
Die schöne Tessinerin hatte sich den Antibabystick in der TV-Sendung «Gesundheit Sprechstunde» einsetzen lassen. Der Beitrag erinnerte eher an eine Werbe- als an eine Informationssendung. Johannes Bitzer, Leiter des sozialmedizinischen Dienstes der Frauenklinik Basel, machte den Eingriff vor der Kamera. Er ist auch Mitverfasser der Implanon-Werbeunterlagen. «Die neue Methode ist für Frauen jeden Alters und jeder Lebensform geeignet», schreibt Bitzer.
Nur in Spezialfällen empfohlen
Die Realität sieht allerdings anders aus. «Wegen Blutungsstörungen liessen sich laut einer Studie in Europa rund 20 Prozent aller Frauen das Stäbchen wieder entfernen», sagt Gabrielle Merki, Oberärztin an der Uni-Frauenklinik Zürich. Nebenwirkungen wie Zwischenblutungen, Kopfschmerzen oder Akne gebe es zwar bei allen Gestagenpräparaten. Gabrielle Merki: «Es ist jedoch problematischer, ein Implantat wieder zu entfernen, als ein Pillenpräparat zu wechseln.» Ganz wichtig sei deshalb ein Beratungsgespräch, in dem die Frauen auf die möglichen Nebenwirkungen aufmerksam gemacht werden.
Für Theres Blöchlinger, Ärztin am Zürcher Frauenambulatorium, spricht noch ein weiterer Aspekt gegen die neue Verhütungsmethode: «Kann eine Frau denn wirklich wissen, ob sie drei Jahre lang keine Kinder will?»
Aus diesen Gründen empfehlen viele Ärztinnen und Ärzte das Implanon nur in Spezialfällen wenn aus medizinischen Gründen kein anderer Empfängnisschutz möglich ist oder wenn es sich um Frauen handelt, die die Pille oft vergessen.
Die Euphorie hat sich gelegt
Selbst Johannes Bitzer klingt nicht mehr so euphorisch wie bei der Einführung des Antibabystäbchens: «Als Antwort auf die Pillenmüdigkeit kam das Implanon wie gerufen. Ganz jungen Frauen mit unregelmässigem Zyklus würde ich es aber heute nicht mehr empfehlen.»
Kritisch ist auch Rolf Steiner, Chefarzt am Frauenspital Fontana in Chur. Die Akzeptanz von Implanon hänge in allererster Linie davon ab, wie die Frauen Nebenwirkungen wie Zwischenblutungen oder Akne bewältigen. «Dies sind die häufigsten Gründe, die zur Entfernung des Implanons führen.»
Ganz anders sieht das Heidi Zbinden von der Firma Organon in Pfäffikon SZ, die die Hormonstäbchen vertreibt: «Die Rückmeldungen der Ärzte sind positiv. Die Verträglichkeit des Implantats ist sehr gut, und die Nebenwirkungen halten sich in einem absolut erträglichen Rahmen.»
Fragt sich nur: Können sich dreissig Prozent der Frauen so sehr täuschen?