Vor 1980 kam erst etwa jedes 20. Kind in den «Genuss» einer kieferorthopädischen Behandlung – heute ist es schätzungsweise jedes zweite. Bei rund einem Drittel aller Kindergebisse finde man wichtige Gründe für einen Eingriff, erklärt Stefan Affolter, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Kieferorthopädie. Wenn etwa durch nicht aufeinander passende Zähne die Kaumuskulatur und die Kiefergelenke falsch belastet werden, können mit der Zeit Beschwerden entstehen.

Doch vieles ist reine Ästhetik: Das vollkommene Lächeln wirkt heute als Visitenkarte – und wer will schon etwas Schräges im Gesicht haben, wenn andere das Nonplusultra besitzen. Der Vorteil dieser Entwicklung: Wo Apparaturen im Mund derart normal geworden sind, wird kein Spangenträger mehr ausgelacht. Bei vielen Primarschulkindern gelten die «Plättli» und farbigen «Gümmeli» im Mund als schick.

Die richtige Zusatzversicherung: Problematisch wird es jedoch für Familien, die sich die zwischen 3000 und 12'000 Franken teure Behandlung nicht leisten können. Daher kann eine Zusatzversicherung der Krankenkasse sinnvoll sein. Aber Vorsicht: Die sogenannten Zahn- oder Zahnpflegeversicherungen kommen vor allem fürs Löcherflicken auf. Damit grössere kieferorthopädische Massnahmen gedeckt sind, braucht es in der Regel jene kleinen Zusatzversicherungen, die zum Beispiel auch Brillengläser bezahlen.

Leistung der Krankenkassen: Die Kinderprämien für derartige Zusätze sind relativ günstig. Allerdings sind die Leistungen von Kasse zu Kasse verschieden: Gewisse Versicherer zahlen nur einen Anteil von 50 Prozent. Auch die Leistungspauschalen pro Jahr oder pro Fall sind nach oben unterschiedlich begrenzt; in einzelnen Fällen kann es sich deshalb lohnen, die Zusatzversicherung mit einer Zahnversicherung zu kombinieren. Kleinkinder werden meistens noch ohne zahnärztliches Attest aufgenommen. Wichtig: Klären Sie die obere Altersgrenze bei Ihrer Kasse ab, bevor es zu spät ist.

Behandlungsdauer: Im Schnitt dauert die Behandlung von Zahnstellungskorrekturen bei Kindern zwei bis drei Jahre. Begonnen wird häufig ab einem Alter von elf oder zwölf, wenn bei den meisten die Milchzähne draussen sind. Doch schon ab dem Frontzahnwechsel mit sechs Jahren sollte das Gebiss beobachtet werden, damit der richtige Zeitpunkt nicht verpasst wird. Katja Schwenzer-Zimmerer, Oberärztin für Kiefer- und Gesichtschirurgie am Universitätsspital Basel: «In gewissen Fällen – etwa wenn die unteren Frontzähne vor den oberen stehen – lässt sich schon mit einer kleinen Massnahme im Wechselgebiss etwas erreichen.» Gerade bei frühen Eingriffen sei aber auch Vorsicht geboten: «Die Therapie muss individuell angepasst sein, sonst geraten eventuell das Kiefer- und das Gesichtswachstum aus dem Gleichgewicht.»

Welches Modell? Und welches von den unzähligen Spangenmodellen soll es denn nun sein? Besser festsitzend mit auf die Zähne geklebten «Brackets», dem sogenannten Gartenhag? Oder lieber ein Monoblock oder «Headgear» – eine Spange zum Herausnehmen? «Festsitzende Apparaturen sind vielseitig wirksam und zielgerichtet», erklärt Kieferorthopäde Stefan Affolter. Allerdings bedingen diese Modelle eine gute Mundhygiene: Ein Kind, das seine Zähne eher schlecht als recht putzt, ist mit einer abnehmbaren Spange besser beraten, sonst sind Löcher garantiert.

Doch auch die mobilen Varianten, die laut Experte Affolter im Normalfall zwischen Abendessen und Morgenessen getragen werden, verlangen Disziplin. Oft seien schon verzweifelte Eltern gekommen und hätten gebeten: «Machen Sie um Himmels willen meinem Kind etwas rein, das es nicht vergessen oder verlieren kann!»