Herr Knechtle, laut Bundesamt für Gesundheit sind gut 60 Prozent der Bevölkerung in den Wintermonaten unzureichend mit Vitamin D versorgt, aufgrund der geografischen Breite der Schweiz und der ungenügenden Sonneneinstrahlung. Sollten wir im Winter Vitamin-D-Präparate einnehmen?
Grundsätzlich sollte man, bevor man eine Supplementierung macht, einen Mangel nachweisen – auch damit man sie richtig dosieren kann. Ich messe Vitamin D recht häufig und decke so auch bei vielen einen Mangel auf. Viele sagen mir später, dass sie sich nun, nach der Supplementierung, deutlich fitter fühlen. Dunkelhäutige Menschen haben teilweise einen ausgeprägten Mangel, bei manchen ist der Vitamin-D-Spiegel praktisch bei null. Einmal hatte ich einen Dachdecker, der häufig draussen und an der Sonne war, aber trotzdem einen starken Mangel hatte. Neuerdings zahlen aber die Krankenkassen die Vitamin-D-Bestimmung nicht mehr. Deshalb verzichten manche aus Kostengründen auf den Test. In solchen Fällen könnte man im Winterhalbjahr einfach pauschal Vitamin D geben.
 

Spricht denn etwas dagegen?
Nein. Wenn man den Tagesbedarf nicht überschreitet, kann es keine Vergiftung geben (siehe Kasten). Dann hat man sicher keinen Schaden und möglicherweise sogar einen Nutzen. Denn ein Vitamin-D-Mangel ist nicht zu unterschätzen. Einmal sah ich einen 35-jährigen, sonst gesunden Mann, der wegen Knochenbrüchen zu mir kam. Er hatte eine Osteomalazie, eine Störung des Knochenstoffwechsels, wahrscheinlich weil seine Versorgung mit Vitamin D bereits über Jahre hinweg viel zu tief war.