Mehrfach wurde er für seine Verdienste für die Philosophie im deutschsprachigen Raum ausgezeichnet und zählt zu den bekanntesten Glücksforschern: Der 68-jährige Wilhelm Schmid hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Bücher über die Kunst zu leben verkauft, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden.

In seinem Buch «Glück: Alles, was Sie darüber wissen müssen, und warum es nicht das Wichtigste im Leben ist» teilt Schmid die vielfältigen Bedeutungen von Glück in vier Formen auf: 

1. Das Zufallsglück

Von Glück sprechen wir, wenn uns etwas unvermutet zufällt, das uns gelegen kommt. Das Wort stammt vom mittelhochdeutschen «gelücke» ab, das den zufälligen Ausgang einer Angelegenheit bezeichnete – egal, ob günstig oder nicht. Erst im Laufe der Zeit gewann die Bedeutung der erwünschten Fügung überhand. Deshalb wünschen wir heute jemandem Glück, und sprechen selbst von Glück im Unglück, wenn etwas nicht das schlimmstmögliche Ende genommen hat.

Das Hauptmerkmal des Zufallsglücks ist, dass es nicht einfach verfügbar ist. Der Mensch kann einzig durch seine Haltung dazu beitragen: Dem Zufall mit Offenheit begegnen. Wer nie Lotto spielt, wird nie gewinnen. Allerdings gilt es zu bedenken, dass ein momentanes Zufallsglück nicht immer auch ein späteres ist. Im Nachhinein kann sich Glück als Unglück erweisen – und umgekehrt.

2. Das Wohlfühlglück

Einen Teil ihres Glücks suchen Menschen in positiven Erfahrungen oder guter Stimmung: Möglichst viel Lust und möglichst wenig Schmerz. Dieses Wohlfühlglück heisst im Englischen «happiness». Die französische Bezeichnung «bonheur», die gute Stunde, ist treffend und ehrlich zugleich: Wohlgefühl dauert selten an.

Aber immerhin ist das Wohlfühlglück – im Gegensatz zum Zufallsglück – machbar. Solche Glücksmomente sind Augenblicke, die sich suchen und finden lassen.

Was sind persönliche Glücksmomente? Was sind die Bedingungen, die einen glücklich stimmen? Seien es Gespräche mit vertrauten Menschen, bewältigte Herausforderungen oder einfach Schokolade – all das lässt sich arrangieren. Übrigens: Die Vorfreude, das Verlangen und Begehren danach, halten meist länger an als der Genuss selbst.

3. Das Glück der Fülle

Dieses Glück ist umfassender und dauerhafter als das Zufalls- und das Wohlfühlglück; es ist das eigentliche philosophische Glück. Ein Tag überbordender Fülle kann hundert leere und langweilige Tage aufwiegen. Erst die gesamte Weite der Erfahrungen zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt lässt einen das Leben voll und ganz spüren.

Die Kunst hierbei ist, sich der grundlegenden Tragik der Welt nicht zu entziehen, darin jedoch auch nicht unterzugehen – eine heitere Gelassenheit zu entwickeln und sich im Fluss von Wirklichkeit und Möglichkeit treiben lassen. Dabei lohnt es sich, zuweilen auch gegen den Strom zu schwimmen, um ein guter Schwimmer zu bleiben.

4. Das Glück des Unglücklichseins

Die Paradoxie des Glücks der Fülle liegt darin, dass ein Glücklichsein nur möglich ist, wenn das Unglücklichsein nicht ausgeschlossen wird. Die am meisten verbreitete Form des Unglücklichseins ist die Melancholie Psychologie Die kreative Kraft der Melancholie : Eine unspezifische Traurigkeit, mit der ein untröstlicher Weltschmerz einhergeht.

Wichtig ist, der Melancholie Zeit einzuräumen, daneben aber den zu bewältigenden Alltag nicht vernachlässigen. Gewisse Dinge unhinterfragt zu erledigen ist heilsam, schon nur, um dem ausufernden Grübeln Einhalt zu gebieten. Auch Erotik Biochemie Das Rätsel der Liebe hilft mit kleinen Endorphinschüben, die Melancholie etwas auszutarieren, genauso wie die Pflege eines Gartens: Im zyklischen Werden und Vergehen fühlt sich der Melancholiker eher aufgehoben als in der linearen Zeit der modernen Kultur.