Jeder, der seine Pakete mit UPS versendet, muss wissen, dass er damit indirekt die Finanz- und Schlagkraft sowie die Kriegskasse der Sekte stärkt.» Eine Tarnorganisation der US-Finanzsekte Scientology und zahlreiche amerikanische Abgeordnete hätten beachtliche Geldmittel des internationalen Logistikkonzerns UPS (United Parcel Service) erhalten. Diesen massiven Vorwurf erhob die deutsche Verbraucherschutzorganisation Aktion Bildungsinformation (ABI) vor einem Jahr. Zu Recht, wie inzwischen feststeht.

Zwar wollte die UPS der ABI verbieten, diese Vorwürfe zu verbreiten. Doch am 17. Juli 2001 schmetterte das Kammergericht Berlin das Berufungsbegehren der UPS in letzter Instanz ab. Damit darf die Verbraucherschutzorganisation ihre Argumente weiter veröffentlichen:

  • Scientology sei durch die Zusammenarbeit mit der UPS ihrem Ziel, den Einfluss in der Wirtschaft zu verstärken und die Managementtheorie ihres Gründers L. Ron Hubbard weiterzuverbreiten, einen grossen Schritt näher gekommen.

  • Es gebe auffallende Ähnlichkeiten zwischen den Managementtechniken des Expressunternehmens UPS und jenen der Scientology-Sekte. Dies besonders was die «unmenschlichen Arbeitsbedingungen, Schikanen, Manipulationen von Betriebsratswahlen und gesetzeswidrigen Arbeitszeiten» betreffe.

Seit bald 30 Jahren befasst sich die ABI kritisch mit Scientology. «Wir stellen fest, dass diese Sekte in die Wirtschaft eindringen will – darüber müssen wir informieren», sagt Helga Lerchenmüller, Leiterin der Rechtsabteilung. Die ABI ist eine anerkannte deutsche Konsumentenorganisation, die staatlich unterstützt wird.

US-Abgeordnete bekamen Geld
Die Vorwürfe der ABI an den US-Logistikkonzern wiegen schwer: 1996 und 1998 habe die UPS Spenden in der Höhe von über 41000 Franken an die Scientology-Unterorganisation World Literacy Crusade geleistet. Zudem habe die Firma leitende Mitarbeiter durch Applied Scholastics, eine weitere Scientology-Unterorganisation, ausbilden lassen. In den beiden Tarnorganisationen rekrutiert die Psychosekte neue Mitglieder.

Zudem habe die UPS von 1997 bis 2000 knapp 50 Abgeordnete des amerikanischen Senats und des Repräsentantenhauses mit annähernd 400000 Franken unterstützt. Aus den Namenslisten der ABI geht hervor: Es sind beinahe alle Kongressmitglieder darunter, die im gleichen Zeitraum für fünf Resolutionen stimmten, in denen der Bundesrepublik Deutschland vorgeworfen wird, dass sie religiöse Minderheiten – vor allem Scientologen – diskriminiere. «Das fiel uns einfach auf», sagt ABI-Sprecherin Helga Lerchenmüller. Hellhörig sei man auch geworden, weil der Logistikkonzern Computerprogramme der Firma Executive Software verwendet. Gründer, CEO und Vorsitzender des Softwareunternehmens ist der bekannte Scientologe Craig Jensen. Jensen hat zusammen mit seiner Frau gegen 1,2 Millionen Franken in die Scientology-Kasse eingespeist. In Jensens Internetwerbung loben UPS-Vertreter seine Produkte.

Seit Mitte der achtziger Jahre ist die weltweit tätige UPS auch in der Schweiz aktiv – mit mehr als 170 Zustellwagen, sieben Geschäftsstellen und über 460 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Nach der DHL und zusammen mit Fedex und TNT gehört die UPS zu den grössten privaten Anbieterinnen im Schweizer Expressmarkt. Der Umsatz von UPS International betrug letztes Jahr knapp 48 Milliarden Franken. Zum guten Ergebnis beigetragen hat die Schweizer Filiale.

Wie steht UPS Schweiz zu den Vorwürfen? Die Anfrage des Beobachters landet via die Marketingverantwortliche von UPS Schweiz direkt bei UPS Deutschland. Deren Sprecher Hans-Peter Teufers weist die Vorwürfe der ABI als «eine Art Rufmordkampagne» zurück. Er bestreitet zwar die Zahlung an die verkappte Scientology-Unterorganisation nicht, betont aber, dass man von einem Zusammenhang mit der Sekte damals nichts gewusst habe.

Eine Schulung bei Applied Scholastics habe es aber nie gegeben, sagt Teufers – im Widerspruch zu den Feststellungen im Gerichtssaal. Zahlungen an Abgeordnete seien üblich, da der Expresskonzern über zahlreiche Filialen in den USA verfüge und dort lokale Abgeordnete unterstütze: «Das ist ein normaler Vorgang, der mit Scientology in keinem Zusammenhang steht.» Laut Teufers spende die UPS insgesamt an «zirka 160 bis 170» Volksvertreter. Dies entspricht einem knappen Drittel der US-Parlamentarier.

UPS bleibt unverbindlich
Teufers verweist auf die bekannte deutsche Sektenkritikerin Renate Hartwig, die zu den UPS-Scientology-Vorwürfen ein «sehr differenziertes Urteil» habe. Tatsächlich distanziert sich Hartwig denn auch von den Anprangerungen der ABI. «Die Aufklärung läuft schief. Man kann doch nicht UPS Deutschland für das verantwortlich machen, was UPS Amerika tut», sagt sie. In der Sache selbst will sie das UPS-Mutterhaus aber nicht reinwaschen.

Unumwunden sagt UPS-Sprecher Hans-Peter Teufers: «Wir stehen in keinerlei Verbindung zu Scientology und haben kein Interesse, diese Gruppierung zu unterstützen.» Unterhält UPS Schweiz Beziehungen? «Das kann ich Ihnen schlichtweg mit Nein beantworten», sagt Teufers. Der Frage, ob die UPS heute noch gleich handeln würde, weicht er aber aus. Und auch gegenüber der Forderung, sich von der Psychosekte endlich klar abzugrenzen, bleibt er erstaunlich unverbindlich: «Ich kann mir nicht vorstellen, wie man das machen soll.»