Spiele auf Smartphones und Tablets ziehen Kinder stundenlang in ihren Bann. Die Game-Industrie befriedigt die riesige Nachfrage mit einer Spieleflut – mit stereotypen Rollenbildern. Mädchen frisieren in virtuellen Coiffeursalons Models, lackieren Nägel, gestalten Halsketten. Und die Buben ballern, fliegen, steuern Baugeräte, fahren Laster. Die Spiele werden millionenfach heruntergeladen.

So banal die Spiele sind, sie haben eins gemeinsam: Sie sind pädagogisch weitgehend wertlos – und irreführend, was die Kosten betrifft. Sie werden angeboten als «free to play», doch in Wahrheit sind sie alles andere als gratis. Viele Games sind nur in einer einfachen Grundversion kostenlos. Meist wollen Kinder schon nach kurzer Zeit in einer neuen Stufe spielen. Diese Erweiterungen muss man kaufen, dieses Prinzip nennt sich In-App-Kauf.

Games

Brutal: Das Kinderspiel «Mascha und der Bär» (Titelbild) wirbt zwischendurch für «Narcos: Cartel Wars».

Quelle: Screenshot

Der neuste Trick heisst nun Ad-to-play: Wer kein Geld ausgeben will, muss sich einfach ein paar Werbevideos ansehen und kann so virtuelle Münzen sammeln. Doch: Hier tauchen auch bei Apps für Kinder unter fünf Jahren Trailer für Kriegsspiele oder brutale Games auf. Oder anzügliche Anzeigen von Singlebörsen. Hinzu kommt: Viele Game-Entwickler verkaufen die mit den Apps gesammelten Daten an die Werbeindustrie.

Die deutsche Stiftung Warentest analysierte 50 beliebte, meist kostenlose Spiele-Apps. Viele waren mit «ab null Jahren» gekennzeichnet. Das ernüchternde Fazit: «Nur bei vier Spielen halten wir Datenschutz und Geschäftsbedingungen für angemessen, die meisten sind bedenklich, weitere vier inakzeptabel.» In 19 Spielen sind die Kinder nur ungenügend vor Kontaktaufnahme durch anonyme Online-Mitspieler geschützt. Richtig empfehlen kann Stiftung Warentest keines der getesteten Games.

Spiel und Werbung sind eins

In vielen Apps vermischt sich zudem die nervige Werbung mit dem Spiel. Im Spiel «Cat Hair Salon» etwa – im Google Play Store unter den Top 10 – werden Katzen für eine Party gestylt. Hier lassen sich die Werbevideos und Anzeigen nicht einmal wegklicken. Wer länger als eine Minute spielen will, muss ein Video über sich ergehen lassen.

Kinder, die ohne Geldeinsatz eine grimmige Katze namens George hübsch machen wollen, benötigen 6000 virtuelle Münzen – umgerechnet sind das 30 Minuten nicht kindgerechte Videowerbung, wie Netzpolitik.org, eine deutsche Plattform für digitale Freiheitsrechte, errechnete. 

Die Spiele-Apps sind ein einträgliches Geschäft: Im ersten Halbjahr 2017 wurden damit allein in Deutschland 262 Millionen Euro umgesetzt, zeigt eine Untersuchung des Bundesverbands Interaktive Unterhaltungssoftware. Nur drei Prozent entfielen auf den Kauf kostenpflichtiger Apps, 254 Millionen spülten In-App-Käufe in die Kassen. Was Schweizer Kunden für Spiele ausgeben, ist nicht bekannt.

Computerspiele: Was Eltern wissen sollten

Kostenlose Spiele-Apps sind nicht gratis. Durch teils aufdringliche Werbung und die immer stärkere Verschmelzung von Werbung und Spielen werden Kinder oft mit nicht altersgerechten Inhalten konfrontiert. In vielen Fällen lohnt es sich, einige Franken in den Kauf eines Spiels zu investieren, damit die Kinder werbefrei spielen können.
 

Nützliche Links:

  • Pädagogische Bewertung von aktuellen Spielen
    Umfangreicher Spielratgeber der Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW:
    http://www.spieleratgeber-nrw.de
     
  • Beschrieb von Online-Spielen
    http://www.spieleratgeber-nrw.de
     
  • Deutsches Jugendinstitut: Entscheidungshilfe für Spiele
    Datenbank «Apps für Kinder». Bewertung von Games aus pädagogischer und gestalterischer Sicht unter Berücksichtigung von Sicherheit, Jugend- und Datenschutz.
    https://www.dji.de
     
  • Tipps für den kindgerechten Umgang mit Games:
    https://www.schau-hin.info
     
  • Pro Juventute: 12 Tipps zum Thema «Gamen» für Eltern
    https://medienprofis.projuventute.ch
     
  • Nationale Plattform zur Förderung der Medienkompetenz; für Eltern, für Lehr- und Betreuungspersonen, für Fachpersonen
    Allgemeine Informationen zu digitalen Medien, Förderung der Medienkompetenz, Jugendschutz etc
    www.jugendundmedien.ch
     
  • Schau hin; Was Dein Kind mit Medien macht.
    Fachlich breit abgestützter Medienratgeber von ARD, ZDF, Bundesministerium für Familien über aktuelle Entwicklungen in der Medienwelt (Kostenfallen, Werbung, Datenlecks, Kontaktgefahren, Cybermobbing etc).
    https://www.schau-hin.info
     
  • Warnhinweise:
    Die Pan-Europäische Game Information (PEGI) vergibt Altersempfehlungen und definiert die Warnhinweise für Spiele
    http://www.pegi.info
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