Viagogo gewinnt auch vor Bundesgericht

Nachdem das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) 2017 mit einer Klage gegen Viagogo beim Handelsgericht Zürich unterlag, zog es das Urteil weiter ans Bundesgericht. Auch das höchste Gericht kam zum Schluss, dass die Nutzer von Viagogo nicht getäuscht werden. Für den Durchschnittskunden sei erkennbar, dass auf der Online-Plattform von Viagogo Tickets weiterverkauft würden. Das Unternehmen gebe nicht an, Erstverkäufer zu sein und mache auch sonst keine falschen Angaben über sich und sein Geschäftsmodell.

Update vom 6.1.2021

Das Zürcher Handelsgericht hat eine Zivilklage des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) gegen die Ticketbörse Viagogo abgelehnt. Die Plattform ist seit Jahren wegen ihrer exorbitanten Preise in den Schlagzeilen und sorgt wegen überhöhter Gebühren Zusatzkosten beim Ticketkauf Wie hoch dürfen Vorverkaufsgebühren sein? und ungültiger Tickets bei Konzertbesuchern für Unmut.

Das Seco hatte schon 2017 gegen Viagogo Klage eingereicht. Nun kommt das Handelsgericht Zürich gemäss einem Bericht der NZZ zum Schluss, «Durchschnittsadressaten» würden von der Plattform nicht irregeführt oder getäuscht. Käufer von Tickets müssten sich bewusst sein, dass sie sich auf einer Wiederverkaufsplattform befänden und sie müssten sich demnach auch bewusst sein, dass die Preise vom ursprünglichen Preis abweichen könnten.

Das Seco verlangte mit seiner Klage vor Handelsgericht, dass auf der Webseite von Viagogo Tickets zu Wucher-Preisen Das Prinzip Viagogo der tatsächlich zu bezahlende Preis bekannt gemacht werden müsse – einschliesslich von Zuschlägen wie Service- und Liefergebühren. Mit der Klage wollte das Seco zudem Viagogo verbieten, künstlich Druck auf einen potenziellen Ticketkäufer auszuüben.

Seit Jahren zahlreiche Beschwerden

Ob das Staatssekretariat für Wirtschaft den Fall vor Bundesgericht zieht, ist noch offen, wie ein Sprecher sagt. Noch nicht vom Tisch ist aber ein Verfahren im Kanton Genf, das der Westschweizer Konsumentenschutz FRC, die Westschweizer Sängerin Sonia Grimm und die Uefa und Fifa mit Strafanzeigen angestrengt haben.

Seit Jahren sorgt Viagogo Viagogo Hartnäckige Kundin erhält 5527 Franken zurück für verärgerte Ticketkäufer. Beim Beobachter gingen zeitweise fast täglich Beschwerden ein, beim Staatssekretariat für Wirtschaft waren es schliesslich über 1300. Viagogo gibt vor, eine Tauschbörse zu sein, bei dem jedermann ein Ticket für Konzerte oder Sportveranstaltungen – etwa im Verhinderungsfall – weiterverkaufen könne.

Doch eine Recherche des Beobachters Schummelei mit Tickets Wer hinter Viagogo steckt belegte, dass sich dahinter ein raffiniertes, hochprofessionelles System verbirgt, bei dem Viagogo wohl selber die Hände im Spiel hat. Unter teils fiktiven Namen kaufen Personen aus Osteuropa in verschiedenen Ländern Tickets von beliebten Veranstaltungen ein, um sie anschliessend auf Viagogo anzubieten. So hat etwa eine Frau namens Elena Mamonova aus Prag bei Ticketcorner seit 2016 rund 1500 Eintrittskarten gekauft – und anschliessend auf Viagogo verhökert. Die gleiche Person kaufte auch in Finnland und Dänemark pro Jahr je 1000 Tickets ein.

Eine wenig vertrauenswürdige Praxis

Immer wieder machen auch Berichte von ehemaligen Mitarbeitern die Runde, wonach sie sich bei populären Veranstaltungen selber systematisch mit Tickets eindecken müssen, um diese dann auf Viagogo anzubieten – im Aufrag ihres Arbeitgebers. Viagogo streitet diese Praxis stets ab.

Das Firmengeflecht von Viagogo ist allerdings wenig vertrauenswürdig. Der Hauptsitz in Genf ist de facto eine Briefkastenfirma, die Bosse sitzen in London und New York. Das operative Zentrum liegt in Irland und Taiwan. Die Eigentümer verstecken sich hinter einer Briefkastenfirma im US-Steuerparadies Delaware. Technisch abgewickelt wird die Plattform über eine weitere Briefkastenfirma in Malta.

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Otto Hostettler, Redaktor
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