Das Forschungsteam von Martin Röösli hat untersucht, wie sich die Häufigkeit des Telefonierens am Handy auf die Konzentrationsleistung und die Merkfähigkeit von Jugendlichen auswirkt. Dazu mussten sich die rund 440 Versuchsteilnehmer während eines Tests Figuren und Wörter merken. Dieses Experiment wurde anschliessend mit einem zeitlichen Abstand von einem Jahr zwei Mal durchgeführt. Für diesen Zeitraum erhoben die Forscher die gesamte Strahlenbelastung. Dabei konnten sie auf die Daten der Telefonanbieter zurückgreifen.

Das Ergebnis war verblüffend: Jugendliche mit einer hohen Strahlendosis schnitten bei der Merkfähigkeit schlechter ab als solche mit einer niedrigen Dosis. Das Wortgedächtnis und die Konzentrationsleistung waren nicht beeinträchtigt.

Zur Person

Martin Röösli ist Epidemiologe und Assistenz-Professor an der Universität von Basel. Dazu ist er Leiter des Bereichs Umwelt und Gesundheit am Tropen- und Public-Health-Institut in Basel. (Bild: Swiss TPH)

Quelle: Thinkstock Kollektion

Beobachter: Herr Röösli, wie aussagekräftig ist die Studie?
Martin Röösli: Das lässt sich heute noch nicht klar sagen. Wir haben einen statistischen Zusammenhang zwischen Strahlendosis und Merkfähigkeit festgestellt. Dies bedeutet aber nicht, dass es einen direkten kausalen Zusammenhang gibt. Ich würde sagen, es ist ein weiterer Hinweis darauf, dass Handystrahlung einen Einfluss auf das Hirn haben könnte. Als gesichert gilt, dass das Telefonieren am Handy die Hirnströme beeinflusst. Ob dies gesundheitlich bedenklich ist, weiss man aber nicht.clear.gif

Beobachter: Die Studie ergab einen Zusammenhang bei der Merkfähigkeit von geometrischen Figuren, nicht aber beim Wortgedächtnis. Wie lässt sich das erklären?
Röösli: Beim Merken von Figuren ist die rechte Hirnhälfte beteiligt, beim Wortgedächtnis die linke. Die meisten Handynutzer sind Rechtshänder und halten also das Handy beim Telefonieren an das rechte Ohr. Die rechte Hirnhälfte ist also beim Telefonieren einer höheren Intensität ausgesetzt. Das könnte eine mögliche Erklärung sein. 

Beobachter: Leiten Sie aus den Ergebnissen eine Handlungsempfehlung ab?
Röösli: Ich möchte keinen Alarmismus verbreiten und man muss jetzt sicher nicht vollständig auf das Handy verzichten. Umgekehrt würde ich auch nicht empfehlen, bei schlechtem Empfang stundenlang am Handy zu hängen. Bei schlechtem Empfang strahlt das Handy 10'000 mal stärker. In einer solchen Situation würde ich ein Headset verwenden. 

«Im Vergleich zum Handy ist die WLAN-Strahlung äusserst schwach.»

Martin Röösli, Epidemiologe

Beobachter: Es gibt eine breite Debatte, ob WLAN in den Schulen eine Gesundheitsgefährdung darstellt. Helfen hier die Ergebnisse Ihrer Studie weiter?
Röösli: Die Strahlung, die von WLAN ausgeht, ist im Vergleich zu den Mobiltelefonen als Strahlenquelle sehr schwach. Nach unseren Messungen trägt sie nur 0,1 Prozent zur gesamten Dosis bei, die in einem Jahr vom Gehirn aufgenommen wird. 78 Prozent stammen vom Handy, 20 Prozent von den schnurlosen Telefonen.

Beobachter: Werden Sie weiter forschen?
Röösli: Im Rahmen eines EU-Projektes planen wir eine Wiederholung der Studie, allerdings mit anderen Versuchsteilnehmern. Die Ergebnisse werden etwa in einem Jahr vorliegen. Wenn sich der Befund der aktuellen Studie bestätigen lässt, können wir auch besser einschätzen, ob wir daraus Konsequenzen ziehen müssen.