In der Tourismusbranche sieht es nicht rosig aus. Personalmangel, krankheitsbedingte Ausfälle – und kaum ist jemand eingestellt, kündigt die Person schon wieder. Kein Wunder, die harten Arbeitsbedingungen in der Branche sind seit Jahren immer wieder Thema in den Medien.

«Empfindlich und kränklich»

Der Bündner Hotelierpräsident Ernst Wyrsch sieht die Ursache des Problems aber woanders. «Die heutige Jugend ist verweichlicht. Man gibt zu schnell auf, ist rasch genervt, empfindlich und kränklich», sagt er im Interview mit der «Südostschweiz». Es fehle den Jungen an Widerstandskraft und Resilienz. 

Die vielen Krankmeldungen nimmt er als Beleg für seine These: «Wer sich heute einen Schnupfen mit leichten Symptomen einfängt und sich nicht topfit fühlt, bleibt sofort drei Tage daheim, anstatt sich durchzukämpfen. Auch das ist ein Ausdruck der Verweichlichung.»

«Eine fast schon originelle Interpretation des Problems – wenn auch unzutreffend und hilflos.»

Mauro Moretto, Gastro-Verantwortlicher bei der Unia

Für Wyrsch ist klar, woher diese kommt: «Sie sind geprägt durch eine falsche Erziehung ohne Leistungscharakter.» Die Babyboomer und die nachfolgende Generation hätten ihren Kindern beigebracht, dass sie etwas Besonderes seien. Das würden die Jungen nun tatsächlich glauben. Damit sei eine Erwartungshaltung geschürt worden, die nicht erfüllt werden könne.

«Eine fast schon originelle Interpretation des Problems», findet Mauro Moretto, Branchenverantwortlicher für das Gastgewerbe bei der Unia, «wenn auch unzutreffend und hilflos.»

Schlechte Arbeitsbedingungen 

Die Ursache für den Personalmangel sieht er in der Branche selbst. «Die Arbeitsbedingungen im Gastgewerbe und in der Hotellerie sind einfach nicht besonders attraktiv», sagt Moretto. Abend- und Wochenendarbeit, tiefe Löhne, geringe Wertschätzung der Angestellten – da sei es kein Wunder, dass viele nicht mehr mitmachen.

Dabei gäbe es Lösungsansätze. Bei den Arbeitszeiten seien diese tatsächlich eingeschränkt. Belastend sei aber vor allem die oft schlechte und sich dauernd ändernde Planung. «Es gibt aber Betriebe, die keine Probleme haben, Personal zu finden.» Die zeichneten sich durch faire Bezahlung, gute Planung und Wertschätzung gegenüber den Beschäftigten aus. Und: «Genau solche Aussagen wie jene von Wyrsch zeugen nicht von wahnsinniger Wertschätzung gegenüber Angestellten.»

Sind Berufseinsteigerinnen wirklich weniger belastbar als früher? Moretto verneint: «Sie sind mit einer viel komplexeren Welt konfrontiert als noch vor 30 Jahren.» Ein pauschaler Vergleich greife zu kurz. «Es ist eine ganz andere Ausgangslage.» Es sei gut, dass sich die Leute in der Branche nicht mehr alles gefallen lassen.